Zechtour in der St. Pauli Ruine

"Faust rockt!" – Goethes Werk fröhlich und frei neuinterpretiert

Da sitzt er in Auerbachs Keller, der alte Dr. Faust, und grämt sich seines drögen Lebens. Gut, dass es den Alkohol gibt, denn der hochprozentige »Erdgeist« des Schankwirts bringt Schwung in die morschen Glieder und die Sehnsucht nach den wichtigen Dingen im Leben: berühmt werden, erfolgreich sein und bei der Oscar-Afterparty dralle Weiber … kennenlernen. Und Mephistopheles steht bereit, den berühmten Pakt zu schließen. Doch der Beelzebub (Martin Rosmanith) ist gar kein arger Teufel, wie er so knallrot daherkommt, sondern eher ein freundlicher Geist, der lieber Omas über die Straße hilft. Aber wenn der höllische Chef drängelt, muss eben des Fausts Seele im Sonderabo eingekauft werden. Und dabei wird nicht nur die Bühne der St. Pauli Ruine zur Kulisse.

Die Scharen des Chors laufen, rennen und tanzen durch die Stuhlreihen und nehmen die Zuschauer mit hinein in Auerbachs Keller, der am Ende auch Gretchens Kerker ist. Viel Musik ist dabei, die Lieder von Manfred Tauchen kommen humorvoll, bissig und auch ein bisschen frivol daher. Und weil es Regisseur Jörg Berger eh nicht so ernst mit dem ernsten Stoff nimmt, sei schon verraten: So tragisch wie bei Goethe geht es nicht aus, denn der liebe Gott, göttlich von Karl M. Weber dargestellt, stellt sich sein eigenes Happy End zusammen. Interessant erscheint dabei, dass der mit Frank Bendas perfekte besetzte, kautzig-knuddelige Wirt Auerbach als größter Glückspilz in der Runde aus altem und jungen Faust, heißblütigen Hexen und liebestollen Engeln hervorgeht.

So liegen sich am Ende alle – mehr oder weniger glücklich – in den Armen. Und mit der musikalischen Unterstützung von Matthias Krüger sorgt das Ensemble dafür, dass das Publikum erheitert nach Hause gehen kann, um dort die Empfehlung zum unbedingten Besuch zu verbreiten.
Norbert Scholz

Faust rockt! Das Goethical von Manfred Tauchen, Regie: Jörg Berger. St. Pauli Ruine.
Tickets:www.saxticket.de
www.pauliruine.de