Letztlich ist die Welt ein Klang

Oper und mehr in der kommmenden Spielzeit der Semperoper

Intendantin Nora Schmidt (Foto: Amac Garbe)

Es war der Weltglückstag und ein gutes Omen für die Spielzeitpräsentation 2025/2026 im sonnig überstrahlten oberen Foyer der Semperoper. Intendantin Nora Schmidt konnte froh gelaunt nicht nur ein spannendes, abwechslungsreiches Programm für die nächste Spielzeit ab 28. August 2025 vorstellen, sondern gemeinsam mit ihrem Kaufmännischen Geschäftsführer Wolfgang Rothe auch eine positive Bilanz ihrer 1. Spielzeit präsentieren. 93 % durchschnittliche Auslastung 2024 und viele ausverkaufte Vorstellungen schon im 1. Halbjahr dieses Jahres! In Zahlen belegt: 2024 besuchten 279.900 Gäste die Vorstellungen im Kerngeschäft sowie 345.800 Gäste insgesamt die eigenen Veranstaltungen. Die Semperoper hat das Corona-Tief hinter sich gelassen und kann in der 1. Spielzeit von Nora Schmidt nun die besten Besucherzahlen seit 15 Jahren vorweisen! Eine gute Ausgangsbasis für die noch bevorstehenden Abschlussverhandlungen über zukünftige Haushaltszuschüsse. Welchen Beitrag auch die Semperoper zum allgemeinen Sparzwang liefern muss, konnte an diesem Tag noch nicht verifiziert werden. Jedoch wird das DVB-Ticket, das die kostenlosen Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln ermöglicht, abgeschafft. Das blieb der einzige Wermutstropfen in einer sehr optimistischen Präsentation der Premieren und sonstigen Vorhaben der neuen Spielzeit. Acht Opern- und vier Ballett-Neuproduktionen werden vorbereitet: „Wir bringen den Klangfarbenreichtum des Lebens auf die Bühne“, so Intendantin Nora Schmid, „wenn Oper und Ballett in ihrer universalen Sprache von den Höhen und Tiefen des Schicksals und der Gefühle erzählen.“

Los geht es im Oktober mit einer neuen FALSTAFF-Inszenierung, die von der Bewunderung des neuen Chefdirigenten der Sächsischen Staatskapelle Daniele Gatti für Giuseppe Verdis Alterswerk getragen wird. Als eine Studie des Menschlichen ist es „definitiv eine Komödie… neben Wortspielen auch viele musikalische Einfälle, die eine gewisse Komik erzeugen“. (5.10.25) Später wird er sich einem weiteren, ganz anders gearteten Alterswerk widmen. PARSIFAL von Richard Wagner hatte Daniele Gatti u.a. bereits bei den Bayreuther Festspielen dirigiert und kann nun auch in Dresden auf ein exzellentes Sängerensemble zurückgreifen. Es inszeniert der niederländische Regisseur und Kunstmanager Floris Visser, der mit seinem Team erstmals an der Semperoper arbeitet und den alten Mythos in unsere heutige Welt holen wird (22.3.26). Passend zur Vorweihnachtszeit kommt mit THE SNOW QUEEN am 7.12.25 eine Märchenoper nach Hans Christian Andersen auf die Bühne. Die hochkomplexe Partitur des dänischen Komponisten Hans Abrahamsen klingt „emotional, einfühlsam und befreiend“ und wird vom jungen Dirigenten Titus Engel umgesetzt, der erst vor wenigen Jahren sein Dirigierstudium an der Dresdner Musikhochschule absolviert hatte und bereits 2020 dem Magazin Opernwelt als Dirigent des Jahres galt. Als Schneekönigin zu erleben: KS Georg Zeppenfeld! Die nächste Premiere DIALOGUES DES CARMELITES (31.1.26) von Francis Poulenc ist eine Übernahme vom Opernhaus Zürich und führt zurück in die Tage der französischen Revolution – eine eindringliche Oper über Glaube, Angst und Tod. Über die historisch angelegt Inszenierung von Jetske Mijnssen hieß es nach der Premiere: “Was man hier erlebt, ist so erschütternd und existenziell, wie Musiktheater nur sein kann“. Anteil am großen Erfolg in Zürich hatte Evelyn Herlitzius als Madame de Croissy, die die Partie auch zur Dresdner Erstaufführung singen wird. Ab 1.5.26 gehört die Bühne dann einer der beliebtesten Opernfiguren überhaupt: CARMEN. Die Regisseurin Nadja Loschky gibt dabei ihr Debüt in Dresden. Am Pult steht der italienische Dirigent Lorenzo Passerini, ebenfalls zum ersten Mal an der Semperoper, wie auch in der Hauptrolle die in Genf geborene Mezzosopranistin Ève-Maud Hubeaux. Die Spielzeit endet heiter, wie begonnen und bringt als fröhlichen Ausklang die Farsa musicale DER FLORENTINER HUT von Nino Rota (31.5.). Der Komponist ist für Filmmusiken bekannt und eingängige melodiöse Kompositionen. Die Inszenierung war die Abschlussproduktion von Nora Schmid als Intendantin der Oper Graz und bereits für eine Umsetzung nach Dresden konzipiert, wo sie auch als Mittagsvorstellung angeboten wird. Insgesamt 23 Opern verbleiben im Repertoire, darunter Publikumslieblinge wie INTERMEZZO oder DIE LIEBE ZU DEN DREI ORANGEN.

Die Vorhaben des Semperoper Balletts mit vier Ballett-Premieren stellte Ballettdirektor Kinsun Chan vor und überraschte mit der Ankündigung, die Position einer Artists in Residence besetzt zu haben. Die Australierin Stephanie Lake ist eine vielfach ausgezeichnete Choreografin und künstlerische Leiterin der Stephanie Lake Company in Melbourne. Sie soll die zeitgenössische Ausrichtung des Semperoper Ballett maßgeblich mitgestalten. Die Semperoper Stiftung unterstützt die dreijährige Amtszeit der Künstlerin und ihre Produktionen, die im Oktober mit der Arbeit COLOSSUS KIDS beginnen (18.10.25). Das Tanzprojekt mit Schüler*innen der Palucca Hochschule für Tanz Dresden, des Heinrich-Schütz-Konservatoriums Dresden und PUCK e.V. ist in Semper Zwei zu erleben. Ihre eigentliche COLOSSUS-Choreographie für das Semperoper Ballett wird dann im November auf die große Bühne kommen, zusammen mit der Arbeit VERTIKAL ROAD von Akram Khan (8.11.25). Er ließ sich dafür von Sufi-Traditionen wie auch den Lehren des persischen Dichters Rumi inspirieren. Unter dem Gesamttitel WINGS AND FEATHERS steht dieser zweiteilige Abend für zwei ästhetisch unterschiedliche zeitgenössische Choreographiehandschriften, die sich auf ihre Weise den Aspekten individueller Freiheit in der Bewegung widmen. Die Inszenierung unter Einbeziehung von Studierenden der Palucca Schule schließt dann auch das Tanzjahr Dresden ab. Im Mai  präsentiert das Semperoper Ballett mit PARTS AND PIECES (8.5.26) eine weitere Choreografie seines Ballettdirektors Kinsun Chan im Kleinen Haus des Staatsschauspiels, wo auch die umjubelten Dresdner Aufführungen von WONDERFUL WORLD weitergeführt werden. Zum Abschluss der Saison gibt es – zum ersten Mal in Dresden überhaupt – den Ballettklassiker ONEGIN von John Cranko zu erleben (27.6.26). Die Ballettadaption nach Alexander Puschkin erklingt mit Musik von Peter Tschaikowsky, die Sächsische Staatskapelle dirigiert Simon Hewett. Ein sich in den letzten Jahren stetig verjüngtes Ballettpublikum kann sich in der neuen Spielzeit aber auch wieder - neben den klassischen Handlungsballetten NUSSKNACKER, DORNRÖSCHEN und der Neuadaption von SCHWANENSEE – auf die zeitgenössischen Neuproduktionen der laufenden Spielzeit VICE VERSA und NIJINSKJY freuen, letzte ein absoluter Publikumsrenner!

Jüngeres Publikum mischt sich zunehmend auch unter die Opern-Besucher:innen. Bereits für die Jüngsten wurde das Angebot stark ausgebaut: Im Bereich Semperoper Aktiv! um die Leiterin Andrea Streibl-Harms reist das Team mit mobilen Produktionen in Schulen, die Kleinsten aus Dresdner Kindergärten werden zu Aktionen in Semper 2 geladen und es gibt spezielle Ballett- und Konzertstunden für Kinder. Jugendliche können sich aber auch selbst im Musiktheaterprojekten ausprobieren und neu in der nächsten Spielzeit für 17 bis 30jährige das monatliche Format  SCHAUCLUB! Mit GOLD! nach Motiven „Vom Fischer und seiner Frau“ kommt nach „humanoid“ ein weiteres fantasievolles Musiktheaterwerk von Leonard Evers für das junge Publikum auf die Bühne von Semper Zwei. Den Opernpremierenzirkel beschließt im Juni 2026 auf Semper Zwei die Kammeroper AS ONE. Laura Kaminskys zeitgenössische Kammeroper für zwei Stimmen erzählt von der Identitätsfindung einer trans*Frau auf dem Weg vom Kind zum Erwachsensein. Neben den Premieren verweist die Intendantin auf eine Fülle von besonderen Veranstaltungen, die auch 2025 / 2026 das „Gesamterlebnis Semperoper“ dem Publikum nahebringen möchte und „appelliert an die Politik, sich bei ihren Entscheidungen der Notwendigkeit der Begegnung und des kulturellen Austausches in den Kulturstätten stets zu vergegenwärtigen“.
Isolde Matkey

Vorverkauf für die kommende Saison ab 8. April 2025, 10 Uhr. Der online-Spielplan, das Spielzeitheft 2025/26 sowie alle weiteren Publikationen auf der Website der Semperoper Dresden unter www.semperoper.de