Ist das nicht witzig?
Die Uraufführung „Eldorado“ von Freaks und Fremde
Zum letzten Mal hatte das Team um Heiki Ikkola und Freaks und Fremde zu einer Premiere auf die Meschwitzer Straße eingeladen. Und wie gewohnt, bieten sie ihren Gästen nicht nur ein neues Theaterstück, sondern eine aufwendig in Szene gesetzte Erlebniswelt mit Lagerfeuer, Illumination, Musik und Speisen, die auch die Kommunikation und den Austausch untereinander anregen soll. Wehmut liegt über dem Ganzen, wird der einst als DEREVO - Laboratorium bekannte und seit einigen Jahren von Cie.Freaks und Fremde als LAB belebte Ort nun als Spielwiese der (theatralischen) Unterhaltung wohl verloren gehen. Viele solcher rauen und dabei inspirierenden Plätze mit Geschichte gibt es nicht mehr in Dresden. Die Kunstpreisträger jedenfalls sind (zusammen)gewachsen und haben ihren eigenen Stil ausgeprägt.
Wie bei DEREVO wabert da in „Eldorado“ zu Beginn der Nebel über die Bühne, krümmen skurrile Wesen ihre Gliedmaßen, marschieren Gestalten im Gegenlicht von einer Seite über die andere, fällt der goldene Konfetti-Regen. Die nahtlos ins Darstellerteam integrierten und mit den letzten Produktionen handwerklich sichtlich gereiften TänzerInnen der Juwie Dance Company bringen sinnliche Körperlichkeit und tänzerisch deutlich lesbare Szenen ein. Yamile Navarro ist dabei mythische Frau und schöne Eingeborene, Alexei Bernard mit Steptanz der militante Eroberer und Jule Oeft ein fremdartiges Vogelwesen. Masken, Kostüme und die wenigen Dekorationselemente sorgen für groteske Überhöhung, die Karnevalsszene geriet damit vielleicht etwas aus der Form.
Heiki Ikkola und Sabine Köhler schenken sich als Spielemacher (oft ins clowneske übersetzt) auch in diesem Stück nichts, dazu gesellt sich als Darsteller Dirk Neumann. Opulente Bilder entstehen - von einem Sehnsuchtsort, der vielleicht erobert, jedoch von außen nicht verstanden und gelebt werden kann. Kolumbianische Folklore und geschichtliche Fakten von der Besetzung des fremden Kontinents sind dafür nur Folie, verhandelt werden unsere heutigen Träume, Sehnsüchte und nicht zuletzt Schulden. Der zentrale Drehpunkt der Inszenierung ist wohl die Szene, in der aufgequollene Anzugträger im Gleichschritt Geschichte und Gegenwart selbstgefällig für sich vereinnahmen (Text Heiki Ikkola). Das Pendant dazu: die goldene Figur, die auf ihrem Hochsitz herausbrüllt, was sie persönlich unbedingt zum Leben braucht.
Zur Premiere entfalteten sich die vielen, auch von Improvisation lebenden Szenen des Spektakels vielleicht noch nicht ganz optimal im Timing miteinander. Für die nächsten Vorstellungen im Rahmen der Kooperation mit dem Societaetstehater wird es aufgrund der anderen Räumlichkeit wohl eine Überarbeitung geben. Den Versuch der Company, ihre Eindrücke einer mehrwöchigen Studienreise durch Kolumbien und das Nachdenken über die Alte und die Neue Welt miteinander zu verweben, sollte man sich dort auf jeden Fall nicht entgehen lassen!
Sonja Hauser
Eldorado Inszenierung von Cie. Freaks und Fremde, Musik: Daniel Williams.
Nächste Vorstellungen im Societaetstheater am 8. Dezember, 20 Uhr
www.societaetstheater.de