Würdigung eines Meilensteins

Wenn es passt, dann passt es. Manuel Göttsching erlebt diesen Moment, als er in seinem Heimstudio Sequenzer und Synthesizer anknipst, zur Gitarre greift und sich selbst ein Solokonzert gibt. Das Ergebnis der zufällig aufgezeichneten Session ist von solcher Perfektion, dass er es kaum fassen kann. 1984, drei Jahre nach der Einspielung, erscheint das knapp sechzigminütige Stück auf Schallplatte.

Anlässlich des vierzigsten Jahrestages der Veröffentlichung zeigt das Thalia Kino Dresden im Rahmen des DAVE-Festivals den Film einer Komplettaufführung von »E2-E4« in Japan, ergänzt um ein Filmgespräch mit ehemaligen Weggefährten. Manuel Göttsching, 2022 im Alter von siebzig Jahren verstorben, ging aus jener Berliner Schule hervor, der unter anderem auch Klaus Schulze, Dieter Moebius, Hans-Joachim Roedelius, Michael Rother, Lutz Ludwig Kramer und Harald Grosskopf zugerechnet werden. Nach den üblichen Anfangsnachspielereien entwickelt er mit Ash Ra Tempel eine freie Improvisationsform jenseits des Free Jazz, ähnlich den frühen Tangerine Dream, Kluster oder Agitation Free.

»E2-E4« ist sein erstes richtiges Soloalbum und beruft sich auf die Minimal Music von Steve Reich. Der Albumtitel wahlweise eine Hommage an die Programmiersprache des Computermodells Apple II+, den Droiden R2-D2 aus »Star Wars« oder seine durch den Vater geweckte Kindheitsbegeisterung für Schach. Zu Hause in Deutschland viel zu lange eher ignoriert, gilt »E2-E4« international als Schlüsselwerk des Techno. Der Überlieferung zufolge lief die Scheibe im New Yorker Tanzklub Paradise Garage rauf und runter. Zur Gesprächsrunde anlässlich der Dresdner Jubiläumswürdigung werden erwartet: Manuel Göttschings langjähriger Technikassistent, der gebürtige Dresdner Markus Schickel sowie Lutz Graf-Ulbrich von Agitation Free, auch Mitglied mehrerer Ash-Ra-Tempel-Besetzungen, daneben Dokumentarfilmerin Jil Lea Wende.
Bernd Gürtler

DAVE Music in Motion: 40 Jahre Manuel Göttschings »E2-E4« 5. Oktober, 20 Uhr, Thalia Kino