Von Luft zu Blech

Die Scheune lässt auf ihrem Vorplatz ab September einen Pop-Up-Klub entstehen

Im Lockdown wirken sogar Interimspläne erbaulich. Vor diesem Hintergrund lohnt eine erneute Betrachtung des Status Quo in der Scheune, der ja im Herbst die mehrjährige Schließung der eigenen Heimat aufgrund von Umbau und Modernisierung ins Haus steht (SAX berichtete mehrfach). Grund genug für die Crew des alteingesessenen Klubs zu schauen, wo und wie sich abseits der vertrauten Räumlichkeiten Perspektiven mit Potenzial auftun könnten.

Durch den Bedarf nach Präsenz während der kommenden Bauphase entstanden innerhalb des Scheune-Teams dazu zwei Ansätze: einerseits ein mobiles Konzept, das die Einmietung von Veranstaltungen der Scheune in anderen Clubs der Stadt vorsieht und den Titel »Mobil mit Stil« trägt – ein Ansatz, der natürlich nur bei generellem Kulturbetrieb überhaupt möglich ist. Erweitert wurde diese Überlegung jedoch durch den Wunsch nach einem festen Ort in der Neustadt. Romy Jaehnig, Geschäftsführerin des Scheune-Vereins erläutert: »Zentral war hierbei die Frage, wie wir als Scheune weiterhin während der Schließung sichtbar und mit dem Stadtteil verankert bleiben und gleichzeitig als Team stabil durch diese Zeiten kommen. So entstand die Idee, ein Container-Interim auf den Vorplatz stellen. Diese Lösung wird natürlich nicht unser bisheriges Kulturangebot abdecken, sondern sie ist eher als Ergänzung gedacht, um auch in Zukunft der Stadtteilarbeit gerecht werden zu können.«

Das Container-Interim trägt ganz offiziell den Namen Blechschloss, soll drei Jahre bespielt werden und lässt sich am Besten als Pop-Up-Klub begreifen. Und seit dem 15. März kann die ganze Idee auch als spruchreif bezeichnet werden, denn an jenem Tag hat der Stadtbezirksbeirat Neustadt mit großer Mehrheit den Plänen zum Blechschloss zugestimmt und auch die beantragten 20.000 Euro Fördermittel bewilligt. Eröffnet und bespielt werden soll der Ort ab September. Frank Schöne, Booker der Scheune, gibt Einblicke in das Kommende: »Das Blechschloss soll ein Ort der Begegnung sein, inklusive einer kleinen Indoor-Spielstätte mit 45 Sitzplätzen. Als Veranstaltungsraum kann der aktuell von verschiedenen Initiativen genutzte Container (ehemals Lenins Kulturpalast auf der Louisenstraße 32) weitergenutzt werden. Das inhaltliche Hauptaugenmerk liegt auf stadtteilbezogenen Formaten sowie Lesungen, Diskursveranstaltungen und akustischen, kleineren Konzerten. Was wir uns wünschen, ist die Schaffung eines Raumlabores, das das direkte Umfeld einbezieht und ohne gastronomischen Konsumzwang daherkommt.«

Im Blechschloss wird es darüber hinaus ein Infoterminal geben, das interessierte Anwohner über den Planungsstand und die Baufortschritte der Scheune-Sanierung informiert. Unabhängig davon ist der Vorplatz natürlich weiterhin für die Öffentlichkeit zugänglich und auch der beliebte Falafelwagen ist Teil des Konzeptes. Neben einem Bürocontainer für das Vorplatzmanagement ist auch ein Toilettencontainer mit einem barrierefreien WC vorgesehen, das im Rahmen der Öffnungszeiten genutzt werden kann. Und wenn es Pandemie und Temperaturen zulassen, dann können es sich die Gäste sogar auf einer Dachterrasse auf einem der Container gemütlich machen.

Parallel zum Blechschloss nimmt übrigens auch die Bürgerbeteiligung zur Fassadengestaltung der zukünftigen Scheune Gestalt an. Hierzu gab es bereits im Frühjahr 2020 eine Online-Umfrage unter dem Titel »Einsatz an vier Wänden«, an der sich 460 Personen beteiligten und deren Ergebnisse aktuell in die Planung des Architekten Walter Miller einfließen. Ursprünglich sollten im Herbst letzten Jahres die Entwürfe in der Scheune vorgestellt und diskutiert werden. Leider musste dieser Termin Corona-bedingt abgesagt werden. Stattdessen fand am 27. Januar eine Online-Veranstaltung statt, bei der das Versäumte nachgeholt wurde. Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Umfrage aus 2020 laut dresden.de ergeben hat, dass sich »sehr viele Teilnehmende ein offenes Haus aus umweltverträglichen und nachhaltigen Materialien wie Holz oder Naturstein mit Fassadenbegrünung und Flächen für Graffiti wünschen.«

Vorschläge, die natürlich erst in einer späten Bauphase realisiert werden können, jedoch bis zum Sommer 2021 in den aktuell noch ausstehenden Bauantrag einfließen werden. All diese Verzögerungen haben nun aber bereits dazu geführt, dass der geplante Baustart vom Januar 2022 in den Sommer des kommenden Jahres rücken musste.

Aber bis dahin gibt es ja nun ab September das Blechschloss, das auch dem Vorplatz der Scheune sicher gut zu Gesicht stehen wird und für das auch der Begriff der Nachhaltigkeit eine große Rolle spielt. Aus diesem Grund wird der bereits vorhandenen Bestand an Containern auf dem Gelände genutzt, den man in verwandelter Form bereits bei vielen Ausgaben des Schaubudensommers erleben konnte. Zusätzlich wurden der Scheune abgeschriebene Container der Stadt Dresden in Aussicht gestellt, die sich derzeit noch auf dem ehemaligen Gelände der Staatsoperette in Leuben befinden.
Thomas Natzschka

www.scheune.org