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Der Tanznetz Dresden e.V. begeht zum elften den zehnten Jahrestag

Der zeitgenössische Tanz hat es nicht leicht – vor allem in einer Stadt, die sich viel zu oft der Klassik verpflichtet sieht oder einer Kultur, die tourismusaffin ist. Hellerau und Palucca wirken da manchmal wie von den Stadtoberen als namenswerte Aushängeschilder benutzt, aber die Mühen der Ebene sind eben genau das: mühevoll. Was hilft da mehr, als dass sich die Beteiligten, die Akteur:innen, die Betroffenen verbünden, besser noch vernetzen. Genau das geschah vor elf Jahren mit der Gründung des TanzNetzDresden – im Rückblick eine Erfolgsgeschichte, die im etwas krummen Jahrgang gefeiert werden sollte, weil zum zehnten Geburtstag die pandemischen Regeln keine Feierlichkeiten, ja kaum das Tanzen erlaubten.

Trotzdem wurde das Netzwerk auch in Coronazeiten weitergesponnen. Denn nach einer Dekade zwar guter, aber loser organisierter Zusammenarbeit entstand 2020 der TanzNetzDresden als Verein organisatorisch neu, was erstmals in der Community auch hierarchische Strukturen hervorbrachte, aber organisatorisch im Sinne aller einige Vorteile erbrachte. So wurde erst Mitte Oktober ein gemeinsamer Förderantrag von TanznetzDresden und Villa Wigman bewilligt, der für die Jahre 2022 bis 2024 unter anderem ein umfangreiches Künstler:innen-Residenz-Programm enthält.

An so etwas war allerdings 2010 kaum zu denken. Damals es entstand eine Idee, die für die freie Tanzszene typischen Einzelkämpfer:innen und Kleincompagnien zu verbinden. So wuchs nach und nach das TanzNetzDresden als selbstverwaltetes Projekt, in dem sich Beteiligte auf Augenhöhe begegneten. Das erste für die breite Öffentlichkeit sichtbare Ergebnis war die Reihe »Linie08«. In acht Jahrgängen war das Format quasi eine Art Transparent der freien Szene der Stadt. Im gastgebenden Festspielhaus Hellerau wurde Neues präsentiert, diskutiert, konnte nachhaltig gearbeitet werden. Und nicht zuletzt wirkte die Reihe weit über den DD-Tellerrand hinaus.

Dass man sich heutzutage nicht damit begnügen muss, im Tanzsaal und auf der Bühne präsent zu sein, zeigt wiederum die großartige und aufwendige »PopUp«-Reihe – jeweils im Format als Performance, Salon oder Studio. Erst kürzlich war eine Weiterentwicklung des Outdoor-Projektes »Asphaltwelten« von go plastic zu erleben, das seine Erstaufführung 2019 erlebte. Davor gab es im Juli das MACHTproben_Symposium der guts company, im August »On Desire« mit Caroline Beach und Iris Dankemeyer oder im September »Botanik Talks« mit Magdalena Weniger und Linda Pilar Brodhag. Die Locations waren das Hole of Fame, die Prießnitz oder die Heidestraße.

»Chance Tanz« war wiederum eine Möglichkeit, sich gezielt um den Nachwuchs zu kümmern. Denn im Rahmen eines Förderprogrammes des Bundesverbandes Tanz in Schulen e.V. ging das TanzNetzDresden von 2015 bis 2019 in unterschiedlichste Kindereinrichtungen, um Worten das Tanzen zu lehren, die Magie der Bewegung zu entdecken oder einfach mal zu spinnen. Und fragt man nach: Nein, um nachwachsende Tanzgenerationen muss man sich keine Sorgen machen, wenn denn funktionierende Strukturen zum Existieren vorhanden sind. Eine AG Newcomer gibt es immerhin.

2020 schließlich war man durch die Vereinsgründung in der Pandemie gut aufgestellt. Denn als es anfing zu »brennen«, war schon eine Struktur vorhanden, und musste nicht erst in der Not aufgebaut werden. Man konnte Anlaufpunkt und Rückhalt sein für seine Mitstreiter:innen, denn Probleme gab es – wie in allen Bereichen – auch beim Tanz, denn gerade hier gibt es viele vereinzelt Agierende. Und es ist ja gerade die Graswurzelarbeit, die die wichtigste, wenn auch die am wenigsten sichtbare Arbeit eines solchen Netzwerks ist.

Nun aber wird die krumme elf als zehnter Geburtstag gefeiert. Die Party am 11. November in der Johannstädter Tenza schmiede wird nun "dank" der Corona-Entwicklung und -Schutzverordnung eher ein Treffen der Aktiven. Trotzdem wird danach noch gearbeitet. Da ist es kein Zufall, dass der Titel für das Workshop-Programm am 12. und 13. November »Working Communities« lautet. Am Sonnabendvormittag werden die Produzentin und Kuratorin Alisa Hecke und die Perfomancekünstlerin Angelika Waniek das Thema »Körperbezogenes Feedback in Arbeitsprozessen der Performing Arts« aufbereiten und die Kommunikation über den Körper in den Mittelpunkt stellen. Schließlich ist der Körper das zentrale Instrument beim Tanz. »Embodiment for Social Transformation«, unter anderem mit der Bewegungstherapeutin Christa Cocciole, beschäftigt sich mit integrativen Konzepten. Denn gerade in der Arbeit mit Menschen mit besonderen körperlichen Bedarfen gibst es großen Nachholbedarf in der Weiterbildung und auf den Bühnen.. Der 13. November schließlich hat dann Lisa Zocher und Renan Manhaes von der Leipziger Forward Dance Company zu Gast, Ort ist der Riesa efau. Übrigens: Die Teilnahme an den Workshops ist kostenfrei und jede interessierte Person kann teilnehmen, ein Anmeldung ist aber wegen des begrenzten Platzes und der Pandemiebestimmungen zwingend notwendig vorher unter workingcommunities@tanznetzdresden.de.

Alles in allem ist der Ansatz des TanzNetzDresden für die kommende Zeit: Rein in die Arbeit und raus aus der Bubble. Zeitgenössischer Tanz soll für ein möglichst breites Publikum erfahrbar werden, auch an Orten, an den man es weder erwartet noch vermutet.
Uwe Stuhrberg

11 Jahre Tanznetz
11. November Tenza schmiede, 
Workshops am 12. und 13. November, www.tanznetzdresden.de