Unglücklicher Sonntag

Fil Bo Riva und Lisa Mitchell abseits der Hochform in der Groove Station

Es tut mir leid, mein Toleranzlevel ist wirklich sehr hoch, aber wenn man eines meiner absoluten Lieblingslieder verunstaltet, dann ist der Spaß wirklich vorbei. Okay, verunstaltet ist vielleicht etwas zu dramatisch ausgedrückt, aber dass, was Fil Bo Riva letzten Sonntag in der Groove Station aus dem Pixies-Klassiker „Where is my Mind“ gemacht hat, war wirklich nicht tragbar. Ich habe nichts gegen gute Coverversionen oder Eigeninterpretationen, die Milky-Chance-Fassung des Songs hat für mich neue musikalische Dimensionen eröffnet und einmal mehr bestätigt, dass die zwei Herren echt was auf dem Kasten haben. Bei Fil Bo Riva hingegen wusste ich nicht, ob ich einfach nur losweinen oder die Bühne stürmen soll. Schlussendlich lief es auf Verdutzt-in-die-Gegend-Schauen, Schnaps und die Hoffnung, dass es ganz schnell vorbei ist, hinaus.

Es war der absolute Tiefpunkt eines konstant enttäuschenden Konzertes und dabei war meine Begeisterung für Fil Bo Riva, den ich in meinem Freundeskreis schon als den nächsten großen Folk- und Indie-Musiker angepriesen habe, im Vorhinein groß. Seine Stimme in den Studioversionen geht einfach nur unter die Haut und der Vibe der Songs lässt einem von Spätsommer in Paris träumen. Davon war am Sonntag leider nicht viel zu spüren und enttäuscht musste ich feststellen, dass nicht jeder großartige Studiomusiker auch ein guter Livemusiker – oder besser gesagt – Klubkonzertmusiker ist.

Dasselbe galt unglücklicherweise auch für den Support-Act Lisa Mitchell, deren Musik ich 2012 auf einem Sitzkonzert im australischen Byron Bay entdeckt habe. Ich weiß nicht, ob mich damals ein Sonnenstich oder einfach nur meine mittlerweile verflossene jugendliche leicht zu begeisternde Art dazu gebracht hat, nach dem Konzert noch mal in die absolut grandiosen Studioversionen reinzuhören; nach der Performance in der Groove Station wäre das definitiv nicht der Fall gewesen und mir wären einige gute Songs von ihr durch die Lappen gegangen. Nach dem sonntäglichen Konzert blieb mir aber nichts anderes übrig, als mich selbst, diese Konzerterfahrung und auch die beiden Musiker, deren Studiomusik wirklich einzigartig ist, zu bemitleiden. Denn die Darbietungen haben mich nicht nur meinen Musikgeschmack hinterfragen lassen, sondern waren auch die große Enttäuschung meines konzertlastigen Wochenendes (großartig etwa war das Konzert am Sonnabend im Ostpol mit Ogrom Circus und Apollo Static).

Doch gestern hat nichts so richtig gestimmt. Angefangen bei der Location – ich liebe die Groove, damit assoziiere ich viele wunderbare chaotische Nächte meiner Jugend- und Studententage –, aber Fil Bo Riva war dort etwas fehl am Platz. Nicht vom Musikstil her, aber er hätte viel besser auf ein kleines Folk-Festival oder als Straßenmusiker ans Eck oder in den A-Park gepasst. Die unverständlichen Nuschelansagen und die etwas enttäuschende Livestimme des Sängers haben in dem gut gefüllten Raum einfach nicht gewirkt und musikalisch war die ganze Angelegenheit irgendwo zwischen „Ist das jetzt tanzbar?“, „Wie zur Hölle soll man sich dazu jetzt gechillt bewegen“ und „Okay ich bleibe einfach still stehen, das ist das Sicherste“. Wie gesagt: Auf einem Festival oder an einem entspannten Sommerabend am Eck, mit den besten Freunden rauchend im Kreis sitzend und sich ganz gechillt vom Flow treiben lassenend, wäre das Urteil über das Konzert vielleicht anders ausgefallen. Als Klubkonzert funktioniert es aber einfach nicht, besonders wenn der Ton und die Beleuchtung unvorteilhaft eingesetzt wurden.

Für jeden Konzertfotografen waren die Lichtverhältnisse ein Graus und für alle, die nicht wie die kleinen Teeniemädchen in der ersten Reihe gestanden haben, auch. Der sympathische Tonmann, neben dem ich während des Konzertes stand, hat seine Arbeit leider auch nur mittelmäßig erledigt, die Gitarren waren viel zu laut und die Mikrofone haben in regelmäßigen Zeitabschnitten gekoppelt, so dass man sich zwischendurch nicht mehr sicher war, ob das jetzt gewollt war oder nicht. 

Bei diesem ganzen Mix an misslichen Umständen wollte der Vibe einfach nicht überspringen und auch nach einigen alkoholischen Getränken, konnte ich mich nicht mit den überenthusiastischen Damen – oder sagen wir besser Fangirltoilettengesprächen – identifizieren. Aber vielleicht bin ich mittlerweile einfach zu alt dafür und höre mir solche Musik wie die von Fil Bo Riva lieber in einer soliden Indie-Playlist in der Badewanne, bei Balkonabenden mit einem Bierchen in der Hand oder entspannt mit einer guten Tüte im Park an.  Nichtsdestotrotz würde ich Fil Bo Riva in ein paar Jahren noch einmal eine Chance geben, alle guten Dinge brauchen manchmal etwas Zeit und die Studioaufnahmen lassen auf viel hoffen, solange es sich nicht um schlechte Pixies-Coverversionen handelt.
Felcitas Galinat

Fil Bo Riva und Lisa Mitchell 23. April, 20 Uhr, <link typo3 www.cybersax.de terminal adressen groovestation-dresden _blank external-link-new-window internal link in current>Groove Station
www.filboriva.com