Time to fight with no teardrops
Massive Attack zeigten sich in Dresden kämpferisch
Es war eine selten anzutreffende Publikumsmischung an diesem 17. August in der Freilichtbühne Junge Garde: überwiegend Ü30 (nach oben weit offen), 90er-Raver, alternde Hippies, Tanzwütige jeder Art, Elektronika-Nerds und auch viele, die nur die drei Überhits kannten und neugierig waren.
Doch bevor die TripHop-Pioniere aus Bristol im fast ausverkauften Garde-Halbrund zum Zuge kamen, hatte das Duo Kiko King & creativemaze die Bühne für 45 Minuten. Zwischen technoider Düsternis und bassbeatsbasierter Fantasterei war es einer Art Storytelling auf Rhythmus. An sich war das sehr interessant, aber ich würde es doch leiber noch mal in einem Club erleben, diese Bühne war einen Zacken zu groß.
Gegen 21 Uhr war es dann war soweit: Mit “United Snakes” donnerten Massive Attack los, eine riesige LED-Wand hinter sich, die jeden der nun folgenden Songs mit Botschaften unterfütterte und auch mal scheinbar überforderte. Und dieses Wörtchen scheinbar ist sehr wichtig für diese Show: Denn die Reizüberflutung mit Zitaten, Namen, Gesichtern, Schlagzeilen, Botschaften, Zahlen oder Statistiken führt den Zuschauer aus seinen privaten gedanklichen Bahnen hinaus in das Wirrwar dieser Welt, lässt einen nach einer Weile wie von oben herab auf das Geschehen schauen. Hier ist eine Band auf einer Mission.
Musikalisch ist es eine gut gemischte und auch soundtechnisch gut gemixte Reise durch die MA-Albenwelt von “Mezzanine” bis zur EP “Ritual Spirit” – begleitet von einer wohlkomponierten Lichtshow. Ein famoses “Rising Son” etwa oder “Pray For Rain” und “Angel” sind wahre Highlights des Abends. Doch auf die Überhits warten viele vergeblich. Und ist man ehrlich, hätte das zarte “Teardrops” oder das verträumte “Karmacoma” nicht in diese kampferische Songliste gepasst. Immerhin gab es als Zugabe noch “Unfinished Sympathy” - und mit einem riesigen Schriftzug wurde das Publikum in die Nacht entlassen: “Das stehen wir gemeinsam durch.” Natürlich tun wir das.
Uwe Stuhrberg
Massive Attack 17. August 2016, Freilichtbühne Junge Garde