Three dirty points

Das Wort Arbeitssieg erfuhr in Würzburg seine volle Bedeutung

Es war ein symbolisches Bild für diesen Nachmittag: Vollkommen erschöpft schleppt sich Lumpi humpelnd – einen Eisbeutel auf sein linkes Knie drückend – zur Seitenlinie, um dann doch noch die letzten zwei Minuten der Nachspielzeit durchzuhalten. Da war längst klar, dass sich Dresden als Auswärtsschreck ein weiteres Mal beweisen sollte – der Schmerz sollte also von Glückshormonen überlagert worden sein. Ähnlich verhielt es sich wahrscheinlich auch bei vielen, die Augenschmerzen vom Zugucken hatten.

Halbzeit eins: Kampf und Krampf und Kollisionen

Ein Spaziergang wird das nicht, soviel war vorab schon klar. Zuviele Teams bekamen in den letzten Monaten die ebenso unangenehme wie unglamouröse Gangart der Würzburger zu spüren, auch wenn diese in den Rückwunde-Wochen nicht gerade von dem Erfolg des Herbstes 2016 gekrönt war. Bei der Mission in der Fremde vertraute Uwe Neuhaus komplett der Schachtversenker-Elf, der genesene Florian Ballas saß zunächst auf der Bank.

Um es ehrlich zu sagen: Vom Start weg war diese Begegnung sportlich eigentlich unanguckbar. Denn Dynamo blieb seiner Linie treu, das eigene gewohnte Spiel aufzuziehen – auch bei Holperrasen. Auf Pauli ging das nicht auf und auch in der bayrischen Mainstadt sah das lange Zeit genauso aus. Würzburg ging vorn aggro drauf, erzwang lange Bälle und zog ein ums andere Mal das Mittel des Fouls, wenn sich auch nur ein Fitzelchen schwarzgelber Spielfluss zu erahnen war.

In Minute sechs wenigstens mal ein Freistoß, den Marvin Stefaniak trat. Aber wie schon des öfteren zu sehen war: Wenn der Blondschopf den gegnerischen Keeper nicht auf dem falschen Fuß erwischt, sind seine free kicks of zu leichte Beute, da zwar gut getreten, aber ohne Wucht und Speed. Es gibt diese Story von Christiano Ronaldo, der sich selbst wochenlanges Einzeltraining verordnete, um die Bälle so treten zu können, wie er es eben kann. Also Marvin ...

Ansonsten ist es das immer gleiche Bild: Dresden sucht die Lücke, Würzburg macht sie nicht auf. Zwei Halbchancen für Aias Aosman sind fast schon alles, was mal kurz den Adrenalinpegel ansteigen lässt.

Derweil beweist sich Niklas Hauptmann als ständiger Unruheherd, der sich diesmal bei Balleroberung- und behauptung wieder von seiner besseren Seite zeigt, während der nach Gelbsperre zurückgekehrte Kapitän Hartmann in dem etwas hektischen Hin und Her der gewohnte Ruhepol sowie Auf- und Abräumer war.

Wirklich Gefährliches für Dynamo dräut eigentlich nur einmal, als Jannik Müller zentral vor dem eigenen Sechzehner den Kollegen Schröck von den Beinen holt – wofür er auch noch Gelb sieht. Marvin Schwäbe lässt beim anschließenden Abwehraufbau die rechte Torhälfte aufreizend offen, sodass man einen Schlenzer um die Mauer befürchten musste. Aber der Fußballgott hatte den Würzburgern heute nicht dieses Stilmittel in die den Fuß gegeben – der Schuss blieb hängen wie ein Schluck Wasser. Wie es aus genau dieser Position richtig gemacht wird, zeigte die Hertha wenig später gegen den BVB. Was noch? Ach ja: Pause. Endlich.

Halbzeit zwei: Hauptmann tanzt, Kreuzer lupft

Die ersten Sekunden verhießen zunächst keine Besserung. Der Ball flipperte über Köpfe und durch Beine. Also, was soll’s, mal wieder ein langer Pass von der Mittellinie. Hartmann ist der Absender, Kutschke bekommt ihn auch am Strafraum. Letztlich hat Philip Heise das Runde, zieht nach innen und steckt auf Nilkas Hauptmann durch. Aber der ist umringt von sieben Gegenspielern. SIEBEN! Und weil der Niklas ein netter Kerl ist, lädt er die Runde zum Gesellschaftstanz ein: Hier entlang, jetzt andersrum, drehen, drehen ... Während nun die Würzburger „Let’s Dance“-Abteilung noch überlegt, ob es um Walzer, Samba oder Foxtrott geht, tanzt der Haupe dann doch lieber mit seinem Kumpel Aias, spitzelt den Ball durch das Main-Ballett vors Tor, wo der schicke Herr Aosman wuchtig aus Nahdistanz einnetzt.

Während nun Felsbrocken in Körpern irgendwohin abfallen und die berühmte Waldfee angerufen wird, hofft man nun vor allem eine Besserung des Fußballspiels auf dieser Wiese (Rasen wollen wir es mal nicht nennen). Aber damit wird es nur sehr partiell etwas. Dresden will vor allem Fehler vermeiden und Würzburg setzt auf sein Wundermittel Nejmeddin Daghfous. Der aber ist zum Zeitpunkt offensichtlich damit überfordert, der Erlöser für das Hollerbach-Team zu sein.

Nach einer Stunde gibt dann Florian Ballas sein Comeback, wohl auch, weil Uwe Neuhaus bei Jannik Müller eine Gelb-Rot-Gefahr aufziehen sieht. Zehn Minuten später darf Erich Berko für Aosman ran. Torgefahr bringt das wenig später, als Berko auf rechts den Ball bekommt und den mitstürmenden Kreuzer im genau richtigen Moment perfekt bedient. Die Dresdner Sieben geht bis fast an die Grundlinie, und als alle einen Rüclpass erwarten, setzt der Mann zu einer Bogenlampe aus spitzestem Winkel an, die über den verdutzt dreinschauenden Robert Wulnikowski fliegt und vom linken Innenpfosten hinter die Linie klatscht. Ohne Frage ist das ein Tor, dass dem Schützen und dem Keeper noch lange im Gedächtnis bleiben dürfte.

Jetzt ist aber auch klar: Hier wird der nächste Auswärtsdreiher eingefahren, die Heimelf hat zum Zeitpunkt weder die Qualität noch die mentale Stärke, noch einmal zu comebacken. Am Schluss bekommt Paco Testreot noch die fast obligatorischen Kutschke-Ersatzminuten, doch beide Stürmer setzen heute keine Ausrufungszeichen in eigener Sache. Überhaup passiert bis zum Ende des Spiels nichts Nennenswertes mehr, abgeklärt bringt die SGD das Ergebnis über die Zeit. Was folgt, ist nunmehr wieder ein Heimspiel. Zeit, gegen Sandhausen, das Zu-Hause-Menetkel wegzuschießen.

Was noch zu sagen wäre: Nach dem Steuerschlammassel des DFB klingt der Schlachtruf von der „Fußballmafia“ auf einmal ganz anders in den Ohren.
Uwe Stuhrberg

Würzburger Kickers vs. Dynamo Dresden
11. März 2017, Anstoß: 13 Uhr
Tore: 0:1 Aosman (47.), 0:2 Kreuzer (77.)
Dynamo Dresden: Schwäbe, Kreuzer, Modica, J. Müller (60. Ballas), Heise, Hartmann, Lumpi, Hauptmann, Aosman (71. Berko), Stefaniak, Kutschke (84. Testroet)
Ohne Einsatz: Wiegers, Konrad, Teixeira, F. Müller
Schiedsrichter: Martin Thomsen
Zuschauer: 12.450
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