Sonniger Jazz zwischen den Weinreben

Oleta Adams und Stacey Kent beim Rheingau-Musik-Festival

Ra. Zwei großartige Sängerinnen hatte das Rheingau-Musik-Festival am letzten Wochenende in den Rheingau geholt. Am Freitag abend begeisterte Oleta Adams mit ihrem Programm zwischen Jazz und Soul und am Sonntag Vormittag ließ sich Stacey Kent von der HR-Bigband begleiten. Beide Konzerte fanden unter freiem, sonnigen Himmel im Cuvéehof des Schlosses Johannisberg statt, einer malerischen Kulisse inmitten von Weinbergen bei Oestrich-Winkel gelegen. ###MORE###

Oleta Adams ist bereits seit vielen Jahrzehnten als Sängerin unterwegs. Anfangs sang sie vorzugsweise Gospel und öffnete sich dann dem Soul. Inzwischen unternimmt sie gelegentliche Ausflüge in den Blues und den Jazz. Mitte der 80er Jahre wurde sie von Mitgliedern der Band Tears for Fears entdeckt. Es entstanden gemeinsame Projekte und auf der Welle dieses Erfolges schwimmend entstand 1990 ihr erfolgreichstes Album „Circle of One“ mit dem Hit „Get Here“ einer Cover-Version des von Brenda Russell stammenden Songs, der die Gefühle der Angehörigen im ersten Golf-Krieg dienender Soldaten so genau traf. Die nachfolgenden Alben waren nicht so erfolgreich, damit aber keineswegs weniger musikalisch.

An diesem Freitag abend auf Johannisberg (Friday night at J´berg) trat die Künstlerin, selbst am Keyboard, mit einer vierköpfigen Begleitband auf, in der ihr langjähriger Ehemann am Schlagzeug saß. Ein Jetlag – wegen eines annullierten Fluges waren die Künstler erst wenige Stunden vor dem Konzert mit einigem Schlafmangel in Deutschland eingetroffen – war Oleta Adams nicht anzumerken. Mit spritzigem Humor in der Anmoderation und mit voller, swingender Stimme riß Oleta Adams ihr Publikum förmlich von den Sitzen. Bei den Zugaben jedenfalls saß kaum noch jemand und wer stand, tanzte mehr, als daß er stand. Ein aussagekräftigeres Urteil darüber, ob der Sänger sein Publikum erreicht hat, kann man sich kaum denken.

Nicht weniger gelungen war das Matinee-Konzert von Stacey Kent am Sonntag Vormittag an gleicher Stelle. Die 45-jährige Stacey Kent ist das lebende Gegenbeispiel zu vielen Vorurteilen gegenüber Amerikanern. Sie spricht neben ihrer Muttersprache Portugiesisch, Französisch und Deutsch und hat sich auf ihre Alben immer wieder durch Auslandsaufenthalte, z.B. in Brasilien (Album: Brazilian Sketches), vorbereitet. Besonders geprägt hat sie das Sprach- und Literaturstudium and Guildhall Scholl of Music and Drama in London. Die Briten honorierten es auf ihre Weise. In keinem anderen Land hat sie so viele Preise für ihre Alben eingeheimst, wie auf der Insel: 2001 British Jazz Award, 2002 BBC Jazz Award in der Kategorie Bester Sänger, 2006 BBC Jazz Award in der Kategorie Album des Jahres für Lyric. Aber auch in Deutschland erhielt sie 2007 den German Jazz Award, nachdem sie mit dem Album Breakfast on the Morning Tram sowohl in Frankreich, als auch in Deutschland eine Goldene Schallplatte eingespielt hatte. Heute lebt die Künstlerin überwiegend in Frankreich. Die Texte ihrer eigenen Songs stammen überwiegend aus der Feder ihres Ehemannes, des Saxophonisten Jim Tomlinson. Bei einigen hat aber auch der japanische Schriftsteller Kazuo Ishiguro mitgewirkt, der von ihrem Album Let yourself go (2000), einer Hommage an Fred Astaire, so begeistert von ihrer makellosen Stimme war, daß er fortan im Zusammenwirken mit Jim Tomlinson einige Texte beitrug.

Bei strahlendem, zeitweise sogar stechenden Sonnenschein und Temperaturen um 30°C heizte Stacey Kent zusätzlich ein, allerdings auf sehr wohltuende Weise. Ihre einfühlsame Art, ein Lied zu interpretieren, ihre Phrasierungskunst wie auch die Akzentuierung der gesungenen Texte sind immer wieder ein Erlebnis. Das Programm umfasste sowohl eigene Titel, also für sie geschriebene Titel, als auch Cover-Versionen bekannter Klassiker. Unterstützt wurde sie von der HR-Bigband unter der Leitung des Gastdirigenten Jörg Achim Keller, den Dresdner Musikliebhaber noch aus dem November letzten Jahres in Erinnerung haben dürften. Damals dirigierte er die NDR-Bigband quasi als Nachveranstaltung der Jazztage Dresden bei einem Konzert mit Al Jarreau und Joe Sample in der Gläsernen Manufaktur. Damals wie auch an diesem Sonntag wieder war das Publikum hingerissen und forderte mehrere Zugaben, die auch gewährt wurden. Die Offenbarung Stacey Kent (Oscar-Preisträger Jay Livingston) war jedenfalls eines der besten Konzerte, das der Verfasser dieses Artikels in diesem Jahr gehört hat. Selbst schuld, wer hier nicht dabei war.

Das Rheingau-Musikfestival geht in diesem Jahr mit täglich sogar mehreren Konzerten noch bis zum 31. August. Wer also ein ähnliches Erlebnis teilen möchte, sollte sich beeilen. Für mehrere Konzerte sind noch Karten zu haben ( HYPERLINK www.rheingau-musik-festival.de www.rheingau-musik-festival.de oder über die Ticket-Hotline 06723-602170). Am besten plant man gleich noch eine kleine Wanderung in den Weinbergen ein und nimmt sich ein paar Flaschen Riesling von einem der Winzer im Rheingau mit. Nach Aussage von Altbundeskanzler Helmut Kohl ist der Riesling nirgends auf der Welt so gut wie im Rheingau. Die Dresdner Reisebüros sind bei der Planung einer entsprechenden Reise wie auch bei der Kartenvorbestellung behilflich.