Roger Cicero hatte eine Oma in Dresden
Review zum Konzert von Cicero in Dresden
Ra. Roger Cicero war im Alten Schlachthof und es begann als ganz persönliche Plauderei. Er erzählte von seiner aus Dresden stammenden Mutter, den Besuchen bei der Oma und daß seine erste Autobahnfahrt mit seinem eigenen Auto, einer orangenen „Ente“ ihn von Berlin nach Dresden Wilder Mann führte, um seine Oma zu besuchen. Wenn es je ein Eis gegeben haben sollte, hier spätestens war es gebrochen. Auch sonst war Herzlichkeit Trumpf an diesem Abend: Als die Bläser-Sektion seiner Big Band in zwei Abteilungen von jeder Bühnenseite im Gänsemarsch ihre Plätze eingenommen hatte, umarmten sich die beiden „Trupp-Führer“, der Bariton-Saxophonist und der 1. Trompeter (und Flügelhornist).###MORE###
Die Umarmung fiel besonders intensiv nach der Pause aus, die ja immerhin knapp 30 Minuten gedauert hat, in denen sich die sonst nebeneinander stehenden Musiker der Herzlichkeit der Umarmung zufolge offenbar nicht gesehen hatten und entsprechend spärlicher, als man sich nach dem Bühnenabgang und dem erneuten Bühnenaufgang vor den Zugaben dort nach maximal zwei Minuten wieder traf. Aber eine Umarmung mußte auch da sein. Auch sonst gab es allerlei Show-effekte, vor allem natürlich von Roger Cicero selbst, der sein Publikum als begnadeter Entertainer voll im Griff hatte. Und das lag nicht nur am längst als Markenzeichen kultivierten Hut.
Die (Jazz-)Musik war Roger Cicero in die Wiege gelegt. Sein Vater ist der verstorbene Jazz-Pianisten Eugen Cicero. Bereits seit seinem 12. Lebensjahr steht er auf der Bühne. Mit 16 hatte er seinen ersten Fernsehauftritt mit dem RIAS Tanzorchester unter Horst Stankowski. Zwei Jahre später wurde er an der Hohner Musik-Akademie in Trossingen angenommen und in den Fächern Gesang, Klavier und Gitarre. In den frühen 90ern studierte er an der Amsterdamer Kunsthochschule der Künste Gesang. Auftritten Ende der 80er Jahre mit dem Horst-Stankowski-Trio, der Eugen-Cicero-Trio und dem Bundesjugendjazzorchester unter Peter Herbolzheimer folgten in den 90er zunächst Gastauftritte bei anderen Künstlern, bevor er seit 2006 mit eigener Musikgruppe (zunächst Quartett, später dann kleine Big-Band) auftrat. Er hat sich besonders der Swing-Musik der 40er und 50er Jahre verschrieben, die er aber mit deutschen Texten singt. Dabei nimmt er gerne mit intelligent ironischen Texten den Geschlechterkampf auf die Schippe. Seine Alben waren bis jetzt alle erfolgreich. Mindestens erspielte er damit Goldene Schallplatten, für das 2009er Album „Artgerecht“ gab es sogar Platin.
Am Sonntag spielte Cicero nun vor allem Stücke aus seinem aktuellen Album „Was immer auch kommt“. Stilistisch unterscheiden sich die neuen Songs nicht von dem bereits Bekannten. Man hörte, was man erwartet hatte, egal ob die Lieder neu oder von früheren Alben bekannt waren. Das sehr heterogen zusammengesetzte Publikum war durchweg begeistert. Aber den Aufforderungen zum Tanzen kamen nur die jüngeren Konzertgänger nach, während die Älteren das Konzert lieber sitzend genossen. Bei den Klassikern wie „Zieh die Schuh aus“ gab es aber kein Halten und viele Gäste sangen begeistert mit. Zugaben mußte er auch eine nach der anderen geben. Insgesamt also ein voller Erfolg mit einem glücklichen Publikum.