Noch einmal mit Gefühl
Die SGD revanchiert sich erfolgreich gegen Aue
Nach einem eher verpatzten Rückrundenstart mit der ersten Heimniederlage dieser Saison gegen Viktoria Köln und der Nullnummer in Chóśebuz war nun also die Frage, ob die Revanche gegen die Uranelf aus dem Wald gelingen würde. Dabei war das Fazit aus den ersten beiden Spielen in 2025: Gegen die Janßen-Jungs ganz gut gespielt und verloren, gegen die Lausitzer phasenweise Grütze und am Ende einen glücklichen Point geklaut. Und heute? Schlechtes Spiel und Sieg?
Thomas Stamm rotiert Heise, Menzel und Neuzugang Hoti in die Beginner-Elf, dazu kehrt Daferner nach Gelbsperre zurück. Irgendwie ist das ein wenig viel Gewechsel in der Defensive in den letzten Spielen, aber das ist nur ein gefühltes Argument. Bei den Lilanen sitzt Stefaniak auf der Bank because Bronchitis. Das Stadion bebt und ist rappelvoll, 31.858 Fans bescheren der Schüssel einen Saisonrekord, die Sperrbereiche sind nicht allzu groß, man wird sie heute auch nicht benötigen. Na dann los.
Die erste Halbzeit: Daferner top, Daferner flop
Dynamo steht mit dem Rücken zu K-Wand, die wiederum mit dem Rücken zum Grün hüpft, der Schacht stößt an. Und gleich beim ersten Spielzug vertut sich Philip Heise doppelt: Erst lässt er durch Falschstehen den Gegner laufen, dann hobelt er über den Ball, Aue ist schon im Strafraum, löffelt aber dort weit über den Balken. Dann schnell der Gegenzug vier gegen drei nach einem feinst getimten Kopfball in den Lauf von Niklas Hauptmann, doch der fühlt sich schneller als er ist, spielt weder nach links oder rechts und verliert so den Ball durch schlichtes Ablaufen. Auch das so eine Sache, die immer öfter zu sehen ist: Das Ballführende behält das Leder noch im Nahkampf statt vorher einen einfachen Pass zum Neben- oder Hintermann zu spielen.
Aber nur Sekunden später sorgt ein kleines Fußballkunstwerk für die Führung der Heimelf. Hauptmann bekommt wieder den Ball fünf Meter vor dem Strafraum, spielt nach links zu Dominik Kother, der den Ball direkt mit hohem Winkel in den Strafraum hebt. Daferner erwischt die Kugel kurz vor Hauptmann, bugsiert das Ding erst mit dem Außenrist am verduzten Gegner vorbei und legt es dann mit dem Innenschuh, viel Auge und Ruhepuls 60 am herausstürzenden Männel vorbei ins Netz. Was ist denn hier los?! Die Hütte explodiert. Andere stürzen mit frisch angebissenem Würstchen und schwepperndem Bier gerade noch ins Zuschauerareal. Eine so frühe Führung, wer rechnet denn damit? Das Harbig-Oval wird zum Überraschungsei.
Jetzt ruckt Schwarz-Gelb an, Sturmläufe über beide Seiten, Ecken von Lemmer und Heise in Serie, das Erzgebirge rutscht in den Panikmodus: Rausschlagen, auf letzter Rille blocken, die Dynamo-Hälfte rückt in weite Ferne. Daferner und Casar bleiben aber mit ihren Albschlüssen hängen, die auch ein wenig überhastet sind. Hoti köpft drüber. Kother über Links und Kammerknecht über Rechts wollen Richtung Grundlinie durchziehen, scheitern aber jeweils an der Gegenwehr. Doch die Auer Defensive bleibt im Stresstest. Da ist ein falscher Einwurf von Kammerknecht schon eine wohltuende „Balleroberung“. Nebenher kommt in der sechsten Minute das klassische Anti-DFB-Banner, begleitet vom nicht minder klassischen „Fußball-Mafia DFB“.
Es dauert zehn Minuten, bis die "strahlenden" Gäste mal per Doppel-Ecke vor das Schreiber-Tor kommen. Dabei spring nur ein Zeitlupenkopfball von Bär heraus, den Schreiber eher in Empfang nimmt, als dass er ihn halten muss. Dann macht Dynamo eigentlich wieder Druck, läuft aber ins Abseits, gewinnt den Ball, verliert den Ball. Die erste Viertelstunde ist fast rum, da spielt Majetschak einen langen Ball aus der eigenen Hälfte auf den genau richtig startenden Siljaric. Drei Gelbe können nur noch hinterherhecheln, der überraschte Schreiber steht etwas zu weit vor dem Kasten, und so kann der Auer den Ball am Dresdner Goelie vorbei ins Netz spitzeln. Ein Ausgleich, der Fragen aufwirft. Dachte die Dresdner Defensive, IV wäre nur eine römische Vier? Wann wurde das letzte Mal Abseitsfalle geübt? War Tim Schreiber zu schnell oder zu spät draußen? Und wo ist Draußen eigentlich? Ein kollektives „oahr nee“ nacht die Runde. Aber Dynamo hat ja das Gen mit den späten Toren.
Drei Minuten später ist mal wieder eine feine Slalom-Kombi der SGD zu sehen, aber Menzel schließt weit vorbei ab. Es nehmen jetzt aber wieder die ungenauen Zuspiele, auch die Fehlpässe zu. Doch die Schachter können das nicht nutzen. Überhaupt schläft die Partie nun etwas ein. Der Druck lässt nach, es wird nicht mehr überall draufgegangen, Chancenarmut macht sich breit. Da wird es Daferner dann doch zu langweilig: Erst erobert er sehr robust den Ball, dann grätscht er mal richtig rein. Hallo wach, wer kommt ins Rudel! Es wird geschubst und rumgebrüllt, eben mal etwas Leben auf die die Wiese gebracht. Gelb Daferner, Gelb Barylla. Gleich danach legt Daferner auch noch Sijaric – also Nerven hat der Mann auf jeden Fall.
Das Spiel wird nun tatsächlich munterer, wenn auch nicht von edler Fußballkost. Und da, nach einer reichlichen halben Stunde, zeigt der Unparteiische auf den magischen Punkt im Schachter Sechzehner: Elfmeter. Nahe der Grundlinie wurde ein Schuss von Daferner mittels verbotenem Köperteil ins Toraus befördert. Da Kutschke auf der Bank sitzt, schnappt sich Daferner den Ball, an der Seitenlinie gibt Stamm einen Trio Anweisungen, doch die hätte der Schütze gebraucht. Denn Daferner läuft an, schießt halbhoch links. Mist. Männel hält nicht nur den Elfmeter, sondern auch den Nachschuss von Menzel, der eigentlich gut stand. Das muss man wissen, dass man gegen den Auer Keeper – nicht gerade ein Hüne mit 183 Zentimetern – einen Elfer so nicht schießen darf. Unten flach oder oben ins Eck, aber solche Bälle fängt der einfach. Und Menzel hätte nur lupfen müssen, statt das Leder auf den liegenden Torwart zu dreschen. Aber da war wohl auch zu viel Adrenalin im Kopf. Und von der Tribüne kann man leicht vieles sagen. Hinterher. Peinlich aber, wie kurz darauf Sijaric versucht, einen Strafstoß gegen Hoti zu schinden.
Die letzten Minuten vor der Pause sehen die Sportgemeinschaft etwas mehr in der Offensive, aber der vergebene Elfer plus der Ausgleich spuken wohl doch zu sehr in einigen Köpfen herum. Nichts so richtig wird das was. Und als sich Lila vor dem Pfiff noch mal zum Konter aufrafft, zerrt Casar den Ballführenden ganz humorlos zu Boden und bekommt Gelb.
Die zweite Halbzeit: Menzel, Lemmer, Kother – Sieg
Jetzt steht der Männel vor dem K, und schon geht es los: „Es steht ein …“ Der zweite Durchgang beginnt wie der erste: Dynamo will überfallartig auf das zweite Tor gehen, Lemmer prüft Männel aus spitzem Winkel. Wieder ein Corner-Festival. Warum man aber baugleiche Ecken in Serie hereinbringt, bleibt mir ein Rätsel? Dann ein gut anzusehender Freistoß von Heise, aber Menzel hat nur eine Kerze auf dem Baum. Auf der anderen Seite kurz Schnappatmung, als Schreiber bei einem sowie schon knappen Rückpass ausrutscht, aber die Dinge dann doch klärt. Überhaupt wird viel gerutscht – Rasen oder Schuhwerk?
Diesmal hat man aber schon den Eindruck, dass sich Schwarzgelb in Halbzeit 2 nicht die Butter vom Brot nehmen lassen will (obwohl beim aktuellen Spielstand ja noch keine Butter so richtig auf dem Brot ist). Hohes Anlaufen, Auer Situationen verhindern, bevor sie entstehen, immer wieder hohe Bälle von hinten raus (von denen aber viele abgefangen werden). Als nach einer knappen Stunde Kammerknecht eine Musterflanke vor das Männel-Tor schickt, scheitert Kother nur denkbar knapp. Es ist angerichtet, jetzt muss die Hauptspeise noch verzehrt werden. Dann verlässt Hot verletzt das Spielfeld, Boeder kommt. Und dann hat Bär auf einmal die Chance; nach einem Einwurf (!) wickelt er sich um den Gegenspieler und wuchtet den Ball an die Latte. Der Schacht wittert Morgenluft, weil die im Bergbau ja bekanntlich knapp ist. Aber dann kommt Kother und zieht den Gästen den Stecker.
Es ist die 64. Minute, es geht sehr fix über Rechts. Menzel hat den Ball an der Seitenlinie, wird von Lemmer überlaufen, aber nicht zur Grundlinie (wie üblich), sondern 45 Grad in den Strafraum. Und jetzt geht es den Auern zu schnell. Lemmer bekommt den präzisen Ball von Menzel zieht nach innen, und so gleich zwei Gegner auf sich, die wiederum Kother im Rückraum vergessen. Im Fallen spitzelt die Dresdner Zehn das Leder zum nun freistehenden Kother, der aber nicht überhastet reagiert. Ball annehmen, Männel ausspähen und dann mit Gefühl unten rechts vollenden.
Ein Tollhaus das Stadion. Die Spieler treibt das förmlich über das Grün. Ohrenbetäubende Pfiffe, als Marvin Stefaniak eingewechselt wird, jede seiner Ballberührungen wird nun lautstark bis zum Schlusspfiff negativ goutiert. Dann Dreierwechsel auf beiden Seiten, die SGD bringt Baur, Kutschke und Sterner für Kother, Kammerknecht und Daferner. Der Schacht öffnet, die SGD kontert, beiden fehlt es an letzter Konsequenz. Hier Casar zu lässig, dort Lemmer zu fahrig, die Möglichkeiten im Ansatz gekillt, schließlich muss sich auch Schreiber noch einmal gegen eine Distanzrakete bewähren: Dann hebt er ab, und vöööllig schwerehelos …
Die letzten Minuten. Eine sehr gute Kutschke-Flanke wird verpasst, während Stefaniak einen Dresdner Konter mit sauberer Grätsche löscht. Weit weniger sauber ist es, wie Bär ohne Ball in der Nachspielzeit Bünning per Ellenbogen auf den Rasen schickt – es gibt Gelb statt Rot. Die letzten Sekunden sind überhaupt hier wie da noch einmal aufregend: Lemmer legt sich im Strafraum den Ball auf den linken Fuß und trifft nur den Pfosten, Schreiber hechtet einen Fernschuss von Fabisch zur Seite, die endgültige Klärung erledigt Baur mit einem abenteuerlich anzusehenden Wegdrescher quer durch den eigenen Strafraum. Dann wird unter tosendem Jubel abgepfiffen. Fazit: Platz zwei sicher, vier Punkte Abstand auf Platz drei.
Was noch zu sagen wäre
Recap Heimspiel gegen Köln. Ohne Frage hat Referee Assad Nouhoum einen schlechten Tag erwischt, eher einen ganz schlechten Tag. Keine Linie bei den Zweikämpfen, mal lässt er laufen, dann pfeift er kleinlich. Das bringt Unruhe ins Spiel, verschiebt immer wieder Grenzen. Und dann gibt er einen klaren Elfmeter nicht für die SGD, als Baur an der Grundlinie umgerissen wird. Ein Teil des K fängt nun an zu singen: „Schlagt dem Schiri die Schädeldecke ein!“. Später wird dieser „Gesang“ wiederholt. Nichts, aber auch überhaupt nichts rechtfertigt eine solche Schmähung aus Hunderten Kehlen. Das ist entmenscht, hat nichts mit Fußball-Folkore zu tun, und – nein –, das wird nicht in jedem anderen Stadion gesungen. Zudem: Was soll das eigentlich bedeuten? An wen geht diese Auffoerung zum Mord? An die Spieler auf dem Platz, an andere in der Kurve? Seit wann steht auf schlechte Arbeitsleistung die Todesstrafe? Es wurde berichtet, dass die Capos das nicht angestimmt haben, aber es wurde bei der Wiederholung auch nichts unternommen, eher hingenommen. Die Akzeptanz eines solch widerwärtigen Spruches ist immerhin so groß, dass es stadionweit deutlich zu hören war, es aber im Nachhinein auch kaum jemanden zu interessieren schien. Es gab auch keinerlei Anmerkungen bei den anderen Medien. Deshalb ist es immer wieder wichtig, auf solche DInge hinzuweisen, denn solch verbaler Dreck gehört aus dem Stadion gefegt. Denn zwei Dinge machen den Fußball, den wir lieben, kaputt: das viele Geld und der Hass.
Uwe Stuhrberg
SG Dynamo Dresden vs Erzgebirge Aue
1. Februar 2025, Anstoß 14 Uhr
Tore: 1:0 Daferner (2.), 1:1 (Sijaric (13.), 2:1 Kother (64.)
Dynamo Dresden: Schreiber, Kammerknecht (73. Sterner), Hoti (59. Boeder), Kubatta, Heise, Casar, Menzel (87. Bünning), Hauptmann, Lammer, Kother (73. Baur), Daferner (73. Kutschke)
Ohne Einsatz: Mesenhöler, Marx, Risch, Meißner
Schiedsrichter: Marc Philip Eckermann
Fans: 31.858
www.dynamo-dresden.de