Medien und Metamorphose
Die CYNETART präsentiert auch in diesem Jahr sinneverwirrende Stücke
Abermals unter der künstlerischen Leitung von Ulf Langheinrich präsentiert die CYNETART 2020 im Jahr der fallenden Masken über 30 Tage hinweg elektronische Musik, Performance, Vorträge und Tanz in den Kunsträumen GEH8, C. Rockefeller Center for the contemporay Arts Dresden, dem objekt klein a, im Festspielhaus Hellerau sowie auf dem CYNETART-Online-Portal. So lautet die zentrale Ansage des Formats für den diesjährigen Oktober.
Zentral hierbei sind zweifelsohne die Uraufführung des hybriden Bühnenstücks »Vortex« der Choreografin Maria Chiara de’ Nobili und des Licht- und Videokünstlers Ulf Langheinrich im Festspielhaus Hellerau vom 16. bis 17. Oktober hervorzuheben. Dort stehen »elastische Gelenke und das Tanzen als Exerzieren von Jaktationen« im Zentrum. Ein dystopischer Kosmos aus Bewegungen, teils abstoßenden Bildern und Stroboskoplicht wird inszeniert, die »Metamorphose vom Biest zum Borg« auf die Bühne gebracht. Die Sitzplatzanzahl der vier Aufführungen ist begrenzt, daher sollte der Vorverkauf unbedingt genutzt werden.
Aber auch abseits von »Vortex« gibt es beim Festival für internationale Medienkunst Unzähliges zu erleben. Ein weiteres Spektakel wird beispielsweise die Erstaufführung der interaktiven Soundinstallation und Performance »Metamorphosen« der japanischen Künstlerin Ya-Wen Fu am 10. Oktober im GEH8 werden. Ein Stück, das gemeinsam mit dem schottischen Choreografen und Tänzer Charles Washington sowie in Zusammenarbeit mit Daniel Romero und Bert Palm entstand.
Besonders hervorzuheben ist aber auch die Online-Aufführung von »tingles & clicks«, welche man vom 1. bis 30. Oktober erleben kann und die die Erlebnisse unter Corona medial in Form von Auftragskompositionen aufarbeitet, zu verfolgen online als interaktives Audio-Erlebnis. Hinter »tingles & clicks« stehen die Künstler Natasha Barrett, Andrea Sodomka, Marco Donnarumma, Svetlana Maraš, kӣr, Ulf Langheinrich und Cam Deas. Zur Idee des Stücks verraten die Macher Folgendes: »Inspiriert von einer Musizierhaltung des minimalen und abstrakten Klanggebrauchs, der Verwendung von Field Recordings und mit Blick auf die ASMR-Bewegung (Autonomous Sensory Meridian Response) entstehen extrem räumliche und intime Hörerfahrungen an jenem Ort, an dem sich die meisten Menschen zuletzt vorwiegend aufgehalten haben beziehungsweise aufhalten mussten: innerhalb der eigenen vier Wände. Mit Computer, Webcam und Kopfhörer kann bei ›tingles & clicks‹ jede*r in interaktive auditive Ein-Personen-Erlebnisse eintauchen.«
Ein weiterer interessanter Ansatz steckt auch hinter »Mutual Resonance«, das man am 15., 16. und 17. Oktober im C. Rockefeller Center for the Arts erleben kann. Dahinter verbirgt sich eine so genannte pflanzengenerierte Soundinstallation des Kollektivs neue raeume, dessen Mitbegründerin die Dresdner Künstlerin Katharina Groß ist. Die Idee: Bei »Mutual Resonance« wird der elektrische Leitwert von Pflanzen gemessen, in MIDI-Noten übersetzt und durch einen Synthesizer interpretiert. Auf diese medientechnologische Weise wird die Vitalität der Pflanzen sonifiziert, also hörbar gemacht.
Fazit: Auch bei der diesjährigen Ausgabe der CYNETART kann man wieder schön um alle Ecken denken, fühlen, sehen und hören. Ein erfrischendes Erlebnis nach mitunter dumpfen eindimensionalen Monaten von Homeoffice und Lockdown.
Thomas Natzschka
CYNETART 2020 bis 30. Oktober, www.cynetart.org