In der Annenkirche schmeckt’s nach Stahl

Weder der Name der dänischen Dichterin Pia Tafdrup noch ihre Gedichte sind in Deutschland jenseits sehr eingeweihter Kreise bekannt. Ein Schicksal, das Tafdrup, geboren 1952 in Kopenhagen als Tochter jüdischer Migranten, und Trägerin einiger Literaturpreise, mit vielen anderen ihres Genres teilt. Und das wirklich schade ist, denn Tafdrup beschreibt in ihrer Lyrik Freude, Liebe, Schönheit, Katastrophe und Hoffnung, kurz: für alle Facetten des Lebens findet sie eine besondere poetische Sprache.

Nun wäre es vermessen, davon auszugehen, dass das am 23. September in der Dresdner Annenkirche zur Uraufführung kommende Werk »A Taste of Steel – Geschmack von Stahl« den Bekanntheitsgrad von Pia Tafdrup in Deutschland rasant ändern würde. Aber es könnte ein wunderbares Beispiel sein für die Wirkung länderübergreifender Zusammenarbeit von Künstlern. Der dänische Komponist Hans-Erik Philip suchte seit Langem nach einer Möglichkeit, Tafdrups Gedichtszyklus »Smagen af Stål«, übersetzt »Geschmack von Stahl« zu vertonen. Nachdem er das Dresdner Stahlquartett gehört und dessen Musiker um Jan Heinke kennengelernt hatte, fand er endlich den für ihn entscheidenden Zugang für eine Komposition.

Für das Stahlquartett ist es wiederum das erste Mal, das ein Komponist dieses Ranges für sie ein abendfüllendes Werk schreibt. Denn Hans-Erik Philip gehört in Dänemark zu den Großen seines Fachs, vielfach ausgezeichnet, mit extrem erfolgreichen Kompositionen für Theater, Filme und Fernsehproduktionen. 2019 schrieb er mit einem Chorwerk, das auf Andersens »Kleiner Meerjungfrau« basiert, an einem dänischen Mythos weiter. Das Stück wurde in der Queen’s Hall in The Black Diamond, Kopenhagen aufgeführt. Auch »A Taste of Steel« sollte in Kopenhagen uraufgeführt werden, in der berühmten Marmorkirche. Die aktuellen Corona-Zeitläufte wollten es anders.

Umso glücklicher ist Jan Heinke, dass das Musikprojekt nun in Dresden zur Premiere kommt. Er wird zusätzlich zu seinem Part an einem der Stahlcelli auch als Obertonsänger zum Einsatz kommen – neben der Sopranistin Tóra Vestergaard und der Altistin Simone Rønn.

»A Taste of Steel – Geschmack von Stahl« 23. September, 20 Uhr, Annenkirche, Komposition: Hans-Erik Philip, Stahlquartett, Tóra Vestergaard, Simone Rønn, Jan Heinke