Im Geiste des Südens

Das 31. Dresdner Filmfest vom 9. bis 14. April

Eigentlich heißt unser Filmfest ja »Dresdner Festival für Kurz- und Animationsfilm«. Und hat irgendwie total vergessen, seinen 30. Geburtstag öffentlich zu feiern. Denn die erste, recht wilde und anarchische Ausgabe fand vom 7. bis 18. März 1989 statt. Damals noch mehrheitlich auf der anderen, also der alten Elbseite, wo die Studenten hausten und das Rund- und das Olympiakino flimmerten. Am zweiten Wochenende war dann die Pädagogische Hochschule (heute in Zeiten des Lehrermangels Interimsparkplatz inmitten des sogenannten Regierungsviertels) ein Schwerpunkt. Aber egal, auch Sachsen hat ja seinen 100. Gründungstag als Freistaat quasi verschnarcht, denn es war ja eine kurze Zeit die »Freie Republik Sachsen« ausgerufen (im Sarrasani-Zirkustempel, einst auf dem gegenüberliegenden Parkplatz zu Hause), ehe plötzlich in der ersten Verfassung was von Freistaat stand, der dann freilich auch ein Stück lang pausierte.

Ganz im Gegensatz zum Filmfest, welches vom 9. bis 14. April in seinen 31. Jahrgang geht mit dem Verein Filminitiative Dresden als Veranstalter im Hintergrund. Im Sommer vor zwei Jahren, also vor der 30. Ausgabe, gab es dabei ein überraschendes Comeback: Sylke Gottlebe übernahm die drei Direktorinnenposten, zuvor hatten sich nacheinander erst Katrin Küchler, dann Karolin Kramheller und Alexandra Schmidt mit Dank bei diversen Pressevertretern verabschiedet. »Die drei haben das Filmfest Dresden in den letzten sieben Jahren mit viel Leidenschaft, Herzblut und Energie zu großem Publikumserfolg und zu internationalem Renommee geführt«, so ihre offizielle Würdigung. Gottlebe ward genau zwei Dekaden davor schon einmal berufen, leitete also vorm 30. auch das 10. als ihr erstes Filmfest: »Bei meinem ersten Festival gab es 576 Filmeinreichungen – jetzt sind es weit über 2.000. Es ist viel größer, renommierter und internationaler geworden – dafür zolle ich Ihnen höchsten Respekt! Es ist eine große Herausforderung«, sagte sie beim Zweitstart im Sommer 2017. Auch, dass die Grundstruktur und deren Säulen funktionieren. Sie wolle gern die Sektion Kinder und Jugend noch weiter ausbauen, und der Ruf Dresdens als »Hauptstadt des Kurzfilms« solle dauerhaft gefestigt werden, wofür man sicher fünf Jahre brauche. Also nun noch drei, wofür sie übers Jahr rund 600.000 Euro und sechseinhalb Stellen als Budget zur Verfügung hat.

Nun warten an den sechs Tagen 388 Filme in 64 Programmen, davon 37 gekennzeichnet als Sonderprogramme. Sechs davon widmen sich dem Schwerpunkt Kuba – und schon bei der Pressepräsentation war erkennbar: Man darf sich auf warmherzige Filme, nah am Menschen mit echten Stories plus Handwerk als Basis, freuen.

Das ist im Wettbewerb in der jüngsten Dekade oft etwas anders, wobei man durchaus die Qualitäten einzelner Filmhochschulen erkennen kann. Doch im Mittelpunkt stehen nun mal wie überall die Preise und der Wettkampfcharakter. Also muss man übers Geld reden, was seit 1992, als der internationale Wettkampfcharakter beim »Dresdner Festival für Kurz- und Animationsfilm« Einzug hielt, dieses prägt. Also jene Preistaler, mit deren Summe man gern wirbt. Dabei gebührt der Ruhm dafür allein Sachsens Kunstministerinnen, die seit 2004 einen eigenen Preis stiften, der mit 20.000 Euro per anno allein fast ein Drittel von der Gesamtsumme (diesmal 67.200 Euro) ausmacht. Insgesamt elf Goldene Reiter als Dresdner Löwen oder Bären und drei Sonderpreise werden am 13. April vergeben. Dafür stellen sich, auserwählt aus 2.200 Einreichungen aus 102 Ländern, genau 76 Animations- und Kurzspielfilme aus 37 Ländern den Juroren. Das sind sieben Filme und acht Länder mehr als im Vorjahr, 47 laufen in den sieben internationalen Programmen, 29 in den fünf nationalen.

16 Spielstätten sind dabei, neben den üblichen Verdächtigen auch erstmals das Kino in der Fabrik (KIF) im urbanen Süden der Stadt zwischen Cotta und Plauen, wo jetzt die Studenten wohnen (müssen). Insgesamt werden wohl wieder rund 20.000 Besucher, darunter 500 echte Festivalgäste, erwartet werden können, wobei die kostenlose Freiluftliegestuhlarena am Neumarkt mit 8.000 Leuten zu Buche schlägt. Und: Die komplett sanierte Schauburg, erstmals mit ihren beiden neuen zusätzlichen Sälen – eingebuddelt im Hof oder hochleuchtend oben auf dem Dach – am Start, zieht als Festivalepizentrum sicher mehr Leute. Wobei dort nun auch noch parallel »normale« Filme laufen können. Die sonnabendliche Preisverleihung findet wieder im Kleinen Haus statt, die Aftershowparty danach im Alten Wettbüro.

Eine Reprise der ehemaligen Hauptgewinner anlässlich von 15 Jahren Förderpreis aus dem Kunstministerium, damit man sehen kann, was aus den inzwischen 300.000 Euro an Spitzenpreissteuergeld (laut Stifter immer für die nächste Produktion gedacht) geworden ist, findet man leider noch nicht im Programm. Dafür einen sensationellen Abschluss am Sonntagabend im Monoplex namens Thalia: Dort läuft als letztes Programm der 31. Edition ab 22.30 Uhr »Setzkasten mit Glasdeckel« für ein »Publikum mit geologischer Spitzzüngigkeit« in der Reihe »Panorama National«. Versehen mit dem Warnhinweis: »Beim Betrachten der Findlinge kann es zu Schürfwunden an der Zirbeldrüse kommen.« Doch nichts wird dann sein, wie es zuvor war.
Andreas Herrmann

Filmfest Dresden
9. bis 14. April, www.filmfest-dresden.de