Gib Stoff!

Webpelz, Wollwalk, Wattefließ – das Zic Zac hat alles

Schrapp schrapp schrapp … Gefräßig rattert die Schere durch buntes Gewebe. Lorna Matev hat diese Handgriffe perfektioniert: Stoff ausrollen, Maß nehmen, schnippeln. Mit fließenden Bewegungen und einem Lächeln auf den Lippen werden so aus großen Ballen handliche Stücke, ob eisgrauer Taft, ob zotteliges Eisbärenimitat oder Wollfilz mit Noppen.

Zwanzig Jahre ist es her, dass Lorna Matev in einer unscheinbaren Seitenstraße der Neustadt das Zic Zac eröffnete, einen liebenswerten kleinen Stoffladen mit Schwerpunkt Naturfaser. Der Grund dafür war ein Ärgernis. »Es kann doch nicht wahr sein, dass es in so einer großen Stadt keinen guten Stoffladen gibt«, hatte die Frau mit dem rotbraunen 20er-Jahre-Bob stets bei sich gedacht, wenn sie zum Stoffeinkauf bis nach Berlin düste. Witzig: Seit sie für das Zic Zac einkauft, fährt sie dafür bis Holland.

Lorna und der Stoff – das ist eine Leidenschaft, die (dank einer schneidernden Oma) bis weit in die Kinderzeit der sportlichen Dresdnerin reicht. In der zweiten Klasse entstand unter Lornas geschickten Händen ein rotes Ballettröckchen, später das Jugendweihekleid, die Abschlussball-Robe … Außer einer Jeansjacke rekrutiert sich die komplette Garderobe der 46-Jährigen aus Selbstgenähtem. Der Grund? »Es gibt für kleine Frauen nichts zum anziehen zu kaufen«.

Und dann stand vor zwanzig Jahren dieser Laden leer. Lorna Matev erinnert sich an die Anfänge: »Auf jedem Regal lagen drei bis vier Ballen und ich dachte nur: Oh, wie leer das aussieht!«. Heute tummeln sich bis ins Hinterzimmer fröhlicher Schottenkaro, goldener Brokat und kuscheliger Wollstoff für warme Herbstmäntel. Dazu geht es in ihrem Laden oft zu wie in einem Taubenschlag, auch deshalb, weil hier so viel und entspannt geschnattert wird. Lorna Matev weiß als gelernte Textiltechnikerin zu jedem Stöffchen etwas zu sagen: wie er fällt, was man beim Verarbeiten beachten muss, woraus er besteht. Beratung ist ihr zweiter Vorname.

Und die ist vor allem dann Gold wert, wenn man nicht alle Stoffe verträgt oder sich als Nähanfänger fragt, ob der knallgelbe Jaquard wirklich für ein Röckchen taugt. Stoff ist nicht gleich Stoff. Kostümhechte beispielsweise jauchzen ob neonfarbenem Tüll, schrillem Paillettenstoff und schrägem Kunstfell. Für Hochzeiten und Taufen empfehlen sich feine Stickereistoffe, edle Seide, graues Fischgrätmuster und nachtschwarzes Leinen. Ganz verrückt wird es bei der Baumwolle, die im Zic Zac bevölkert wird von: Prinzessinnen, Dinos, Monden, Kürbissen, Seepferdchen, Äpfeln, Fußbällen, Blümchen oder einer Weltkarte. Über eintausend Stoffe machen die Wahl zur Qual. Jeder Ballen ist ein Unikat und nur einmal da. Das entsprechende Nähzubehör, wie auch Bommelborten, Zierrüschen, farbige Bänder und eine große Schnittauswahl ergänzen das Repertoir.

Eine Mutter aus Radeberg ordert gerade weichfallenden Pünktchen-Jersey für ihr neues Oberteil und robusten Jungshosenstoff mit Automuster. Kurz danach wohnt eine junge Dame vorfreudig einer von Lornas Stoff-Schnippel-Attacken bei. Noch heute soll aus dem halben Meter mit der 50er-Jahre-Musterung eine Schmuckaufbewahrung werden – ihr juckt es förmlich in den Fingern. Die meisten Kunden hier sind genauso nähverrückt wie Lorna Matev. Und wer nicht, wird es wohl spätestens nach einem ihrer ladeneigenen Nähkurse.
Mutti

Zic Zac Stoffladen Förstereistraße 37, Telefon 0351-8010362
Montag bis Donnerstag 10 bis 18 Uhr, Freitag und Sonnabend 10 bis 14 Uhr
www.ziczac-stoffe.de