Ein Friedensprojekt wird Zwanzig

Konzerte zum Jubiläum des West-Eastern Divan Orchestra

Vor zwanzig Jahren wurde in Weimar der West-Eastern Divan Workshop für junge Musikerinnen und Musiker durch den Musiker Daniel Barenboim und den Literaturwissenschaftler Edward W. Said gegründet. Daraus entwickelte sich das West-Eastern Divan Orchestra. Dieses Orchester umfaßt zu gleichen Teilen israelische und palästinensische Musiker, ergänzt durch solche aus der Türkei, Iran und Spanien. Die Musiker reisen zusammen auf ihren Tourneen, erzählen sich ihre Geschichten und die ihrer Familien und schaffen so kulturübergreifend Verständnis und Freundschaften. Dieses großartige Friedenswerk wird in diesem Jahr 20 Jahre alt. Aus diesem Anlass fand in der Berliner Philharmonie ein großes Jubiläumskonzert unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten statt. Illustre Gäste, darunter die Bundeskanzlerin oder Alt-Bundestagspräsident Norbert Lammert, gaben sich und dem Orchester die Ehre.

Das Konzert begann mit Beethovens Konzert für Klavier, Violine, Violincello und Orchester, dem sogenannten Triple-Konzert. Die Solisten waren Daniel Barenboim am Klavier, der zugleich auch dirigierte, Anne-Sophie Mutter an der Violine und Yo-Yo Ma am Violincello. Ma war bereits der Solist beim allerersten Konzert dieses Orchesters im Jahre 1999. Die ausgewiesenen, vielfach prämierten Weltstars lieferten zusammen mit dem Orchester eine grandiose Leistung. Wunderbar wie die Musiker aufeinander eingingen und die zunächst vom einen Instrument gespielten Kantilenen dann auf ihrem Instrument übernahmen. Das Orchester spielte in der sogenannte deutschen Sitzordnung, bei der die 1. und 2. Violinen anders als bei der amerikanischen Sitzordnung einander gegenüber auf den Flügeln des Orchesterkreises sitzen. So entsteht eine besondere Klangsymetrie, die gerade bei Beethoven und ganz speziell bei diesem Werk für besondere Durchhörbarkeit sorgt. Das Werk war eine kompositorische Herausforderung, die kammermusikalische selbständige Besetzung im orchestralen Kontext harmonisch einbetten mußte. Ein großes Werk von großartigen Künstlern zu einem großartigen Anlaß dargeboten. Was will man mehr? Zu recht gab es stehende Ovationen, die in der Anerkennung des Jubilar-Orchesters für die Solisten gipfelte, die noch am Abend zu Ehrenmitgliedern des Orchesters ernannt wurden.

Nach der Pause spielte das Orchester ohne Solisten die 9. Sinfonie Anton Bruckners, ein unvollendetes Werk. Anders als bei Schuberts Unvollendeter hat man hier allerdings tatsächlich das Gefühl, daß da noch etwas fehlt, als der letzte Ton verklungen ist. Auf einen langsamen Adagio-Satz erfolgt gewöhnlich ein Allegro oder lebhaftes Rondo. Hier aber ist nach dem dritten Satz, einem Adagio Schluß. Zu dem sehr eingängig melodischen Beethoven-Werk bildet diese schwere Sinfonie ein Kontrastprogramm. Auch hier gelang dem Orchester eine meisterhafte Darbietung.

Der Abend war in jeder Hinsicht eine Werbung für das großartige Friedensprojekt des West-Eastern Divan Orchestra.
Ra.

20 Jahre West-Eastern Divan Orchestra
22. und 23. Oktober, Philharmonie Berlin, www.west-eastern-divan.org