Eigentlich gut

Saisonauftakt: Dynamo erledigt die Zebras mit einem Schuss

Oh, da gab es vor dem Spiel „bad news“ für Aias Aosman, Erich Berko oder Pascal Testroet – sie alle waren nicht im Kader und werden wohl eine schwierige Saison im Verein haben. Obwohl: Testroet hat ja dann am Tag nach Duisburg den Abflug in den Schacht gewagt – vielleicht ist er ein Marteria-Fan und mag es „So verstrahlt“. Neben dem Platz wieder an Bord war hingegen – wie zu erwarten – Sportchef Ralf Minge, der  gebührend mit einem Banner vom K begrüßt wurde.

Zudem lohnte ein Blick auf den Rasen, auf dem die Greenkeeper seit dem Aston-Villa-Kick noch ganze gärtnerische Arbeit leisteten, obwohl sich im Spielverlauf einige ordentliche Löcher auftaten. Ganz neu: Die Spieler der Gegnermannschaft werden auf der Anzeigetafel nun auch mit Bild gezeigt.

Mit „Die Sommerpause ist vorbei – jetzt heißt es wieder Feuer frei!“ wurde per Blockfahne eine Botschaft an die einlaufenden Schwarzgelben gesandt, deren Aufstellung geballte Defensivpower versprach: Mit fünf gelernten Defendern plus Käptn Marco Hartmann davor zeigte Trainer Uwe Neuhaus vor allem eines an: Man will weniger Tore fressen, weniger verlieren, vorn sollen es dann die schnellen Offensiven richten mit Patrick Ebert als zentralen Ballverteiler. Wird das gut gehen? Eigentlich ja.

1. Halbzeit: Neuhaus, Heise, Röser, Tor

Der Beginn verzögert sich. Schnipselalarm war ja angekündigt, Papierschlangen kamen hinzu – wieder und wieder und wieder. Irgendwann war das dann beräumt, das Spiel begann, dann ging es weiter mit dem Papier. Ganz ehrlich: Das war affig, zumal man den eigenen Torwart damit ablenkte.

Aber es gab auch und vor allem Sport. Schon in der ersten Minute machte Moussa Koné einen auf Speedy Gonzales, lässt auf der rechten Außenbahn sein Gegenzebra einfach stehen, flankt dann aber ungenau in die Arme von Davari. Nur eine Minute später fliegt ein Heise-Ball in den MSV-Sechzehner – auch der nicht präzise, geklärt. Und das ist ein Bild, dass sich noch einige Male wiederholen sollte: Die Hereingaben von außen bringen kaum Gefahr, auch wenn die Situation vorher oft überragend herausgespielt wurde. Koné wiederholt sich hier gleich noch einmal in der 5. Minute.

Ansonsten hat Duisburg Probleme, mit der Spielweise der SGD klarzukommen. Ist das hier ein 5-2-3, ein 3-4-3, ein 1-3-6 oder was? Immer wieder ratlose Mienen in Weißblau, schulterzuckende Spieler wissen nicht, wohin mit dem Ball. Zudem bewegen sich bei Gastballbesitz alle Dynamos hinter den Ball, defensives Denken herrscht bis in die Sturmspitze. Dumic, Müller und Hamalainen spielen ebenso aufmerksam wie resolut, während Wahlquist und Heise zwischen Außenläufern und Fünferkette wechseln.

In Minute acht machen Ebert und Heise mal ihr Schmuckkästchen auf, als sie mit Überlupfen des Gegners an der Außenlinie Doppelpass spielen und zeigen, wie man sich formschön hinten herausspielen kann. Das Ganze endet schließlich mit einer Fastgroßchance, wenn, ja wenn Koné den Pass am Fünfer nicht vom Fuß prallen lassen würde.

Dass eine noch so gut geordnete Verteidigung nur so lange steht, bis Fehler passieren, zeigt sich bereits nach zehn Minuten, als Linus Wahlquist im Vorwärtsgang auf Koné passen will, aber dem Ball von Schärfe bis Präzision einfach alles fehlt. Das hat einen Konter zur Folge, den der frei vor Schubert auftauchende Tashchy aber gottseidank grandios versemmelt. Durchschnauf. Leider hat Wahlquist im Spielverlauf noch zwei solcher Einlagen bereit.

Die Aktion scheint einen kleinen Schock ausgelöst zu haben, denn Vorsicht bremst nun etwas den Vorwärtsdrang. Doch dann zeigt sich Wahlquist wieder von seiner besten Seite, in dem er Ebert bestens im Strafraum bedient, doch der Schuss des Kraftpaketes wird geblockt, wenig später verfehlt er das Toreck oben rechts nur knapp. Überhaupt Patrick Ebert: Wie der Mann – mal mit Gefühl, mal mit Schärfe und fast immer mit Präzision – die Kugel aus dem Fußgelenk serviert, ist eine wahre Augenweide.

Eine zweite Zittereinlage ergibt sich nach 20 Minuten, als Markus Schubert eine Art Aston-Villa-Moment erlebt. Wir erinnern uns an die Szene, als deren Keeper im Testspiel an der Strafraumgrenze den Ball nicht aufnimmt, was ein Tor von Koné zu Folge hatte. Fast ähnlich spitzelt hier Tashchy den Ball vor Schuberts Handschuhen weg, hämmert das Runde dann aber in den Nachthimmel, als wolle er das Flutlicht ausschießen.

Jetzt haben die Rhein-Ruhrer etwas mehr von Spiel, aber eine im Wortsinne vielbeinige Abwehr lässt nichts zu. Dafür versucht sich Ebert nach knapp 30 Minuten mit einem Toni-Kroos-Schweden-Gedächtnis-Freistoß – etwas drüber über das Eck (allerdings gab der nebenstehende Heise nicht den anstupsenden Reus). Nur Sekunden später führt Ebert einen Freistoß am Mittelkreis schnell aus, Koné allerdings legt sich den Ball zu weit vor und lässt sich kurz vor dem Tor wegchecken. Kein Elfmeter.

Nun folgen gleich mehrere Chancen zum Haareraufen. Erst stiebitzt Röser dem forsch stürmenden Duljevic den Ball vom Fuß und vergeigt. Dann die Dreifach-Möglichkeit: Ebert zauberpasst Koné in den Lauf, doch dieser „übersieht“ links Röser, schießt unplaziert, Davari hält. Doch Koné holt den Ball wieder, gibt auf Wahlquist, der nur einen Vetreidger anschießt, dann wieder Koné an das Außennetz. Sinnbildlich: Hastigkeit, Unruhe, fehlende Kaltschnäuzigkeit. Hier wie da: Denn als ein weiterer Fehlpass von Wahlquist einen Konter einläutet, kann Schubert einen Stoppelkamp-Strich großartig wegfausten.

Aber dann kommt die 38. Minute. Der Baller kullert in der Feldmitte rechts raus. Uwe Neuhaus sieht die vollkommen blanke MSV-Seite, greift sich den Ball, wirft ihn mit einer blitzschnellen Handwegung zu Heise (siehe auch das erste Tor von Kiel gegen den HSV), der sofort Röser in den Lauf einwirft. Und der bis dahin eher Unauffällige läuft und läuft und läuft, umkurvt den hüftsteifen Bomheuer, guckt nach innen, wo Koné aber gegen drei steht, und zieht dann das Leder in die kurze Ecke. Drin! Adrenalin, wo willst du hin! HSV, wo bis du! Erste Liga, wir kommen! Für den Moment muss das erlaubt sein.

Doch in Minute 42 kommt die Erdung der Euphorie. Marco Hartmann gibt plötzlich den Außenstürmer und beim Versuch, einen langen Pass zu erhaschen, bricht er ab mit einem Muskelfaserriss. Das tat schon beim Zusehen weh. Schade, das der Capitano nun wohl ein bisschen fehlen wird. Die Binde hat nun Ebert und der Drittligazugang Ioannis Nikolaou steht jetzt als fünfter Neuzugang auf dem Platz – und hätte sich auch fast mit Ruhm bekleckert, wenn er kurz vor der Pause einen Ebert-Freistoss ins Tor statt knapp daneben getreten hätte – aus etwa einem Meter Entfernung. Menno, Fahrradkette und so.

2. Halbzeit: Der Deckel will nicht drauf

Die Hitze und die Intensität der ersten Hälfte sorgen zunehmend für abnehmende Schnelligkeit und Überraschungsmomente. Nach fünf Minuten hat Jannik Müller die Abstauberchance nach einem Ebert-Freekick. Wird nix. Weitere fünf Minuten später versucht es Koné aus der Distanz, aber drüber. Überhaupt zerrt er wie auch Duljevic auf der anderen Seite immer wieder das Spiel nach vorn, aber auf den letzten Metern fehlt es immer an irgendetwas, schon wieder bei einem Konter über Röser nur 60 Sekunden später – statt Wahlquist schießen zu lassen, versucht es Koné selbst aus der Drehung. Gehalten.

Jetzt wogt die Partie hin und her, Zwingendes nicht hier noch da. Es beginnt die letzte Viertelstunde und das „traditionelle“ Zittern beginnt mit einem Zebra-Freistoß von Wolze, den Schubert mit aller Grandezza, die ein Torhüter eben haben kann, regelrecht vernichtet. Überhaupt, der Markus. Mit einer Neuer’schen Ruhe und Unaufgeregtheit strahlt er eine Sicherheit aus, die in seinem Alter ihresgleichen suchen. Sieht man mal von der „Villa-Aktion“ ab, zeigt der Mann keine Schwächen, fängt Flanken sicher weg und faustet, wenn es sein muss.

Keine Chance hätte er jedoch beim Lattenheber von Verhoek gehabt, dem ein Fehler von – wieder einmal – Wahlquist vorausging. Werden es wieder die panischen letzten Minuten? Acht Minuten vor Schluss kommt Rico Benatelli für den „verschwindenden“ Duljevic, seit der 73. ist bereits Baris Atik für Röser drin.
Die Minuten schwinden, doch fühlt sich jede doppelt so lange an. Zeit, die nie vergeht. Da hat in der 89. auf einmal Stoppelkamp zentral am Elferpunkt die Chance, aber Dumic kommt mit einer seiner langen Stelzen dran und fälscht goldrichtig ab. Herzkasper deluxe!

Doch da, im Gegenzug, drei gegen Davari, Atik mit dem Ball, links Koné, rechts Benatelli. Der bekommt den Ball, schiebt rüber zu Koné, Tor, die Entscheidung, der Deckel drauf. Tja, wäre schön gewesen. Denn der Rico macht es selbst, trifft aber nur das Außennetz. So sollte der Kampf um den Stammplatz nicht aussehen. Dann Heise noch mal mit einem geschmetterten Zwitter aus Schuss und Flanke. Geblockt.

Der Schlusspunkt ist ein Freistoss aus etwa 25 Metern, den Benatelli herausholt und so die letzten Selunden schindet. Das Besondere an diesem Standard ist die taktische Aufstellung, die man so nicht alle Tage sieht: Nur zwei Schwarzgelbe vor dem Ball, alle anderen dahinter zu Kontervermeidung, dafür vor dem Schützen Atik nur eine Zweimann-Mauer. Da darf, nein, da muss der Ball wenigstens auf das Tor gehen. Doch Atik schickt das kleine Runde ins große Rund und etwa fünf Meter über den Kasten. Oder war es Absicht? Danach: Abpfiff. Jubel. Drei Punkte.

Fazit: Es ist natürlich ein Luxus, wenn man nach einem Sieg sagen kann, dass man mit dem Ergebnis etwas unzufrieden ist. Bei der Anzahl guter Spielszenen vor dem und im Zebra-Strafraum, müssen mehr Tore fallen. Aber mal fehlt die Ruhe, dann die Übersicht, mal wird die Flanke überhastet oder zu naiv gespielt, ein anderes Mal obsiegt das Ego über die Mannschaftsdienlichkeit. Wenn das sukzessive abgestellt wird, muss man sich wenig Sorgen machen, denn für den ersten Härtetest sah es hinten rum schon ganz gut aus, und eine hundertprozentige Chancenvereitelung des Gegners wird es kaum geben. Überragend in diesem Spiel: Ebert, Müller und Schubert. Und noch etwas: Für die gute defensive Organisation spricht auch die überaus faire Spielweise: Dresden bekam keine gelbe Karte, der MSV drei.

P.S. Noch ein Gruß an Kollegah & Farid Bang: Wenn Ihr über Eure definierten Köprer faselt, dann schaut Euch mal Patrick Ebert an und geht in Sack und Asche.
Uwe Stuhrberg

SG Dynamo Dresden vs. MSV Duisburg

6. August 2018, Anstoß: 20.30 Uhr
Tor: 1:0 Röser (38.)
Dynamo Dresden: Schubert, Wahlquist, J. Müller, Hamaleinen, Dumic, Heise, Hartmann (44. Nicolaou), Ebert, Duljevic (82. Benatelli), Röser (73. Atik), Koné
Schiedsrichter: Daniel Siebert
Zuschauer: 28.733
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