Der permanente Aufbruch
Das Festival DAVE ruft vom 18. bis zum 27. Oktober
Retrofuture lautet das Motto der mittlerweile sechsten Dresden Audio Visual Experience, kurz DAVE genannt. Und die Idee jenes 2019er-Themas erklären die Macher des eigens gegründeten DAVE-Vereins eingangs gleich wie folgt: »Mit dem Motto ›Retrofuture‹ setzen wir uns mit der Vergangenheit auseinander, ohne jedoch in eine allgegenwärtige ›Retromanie‹ zu verfallen, sondern um Ideen für die Zukunft aufzuspüren. Denn die Vergangenheit ist nicht der Ort des Heils, sondern ein Archiv voller ungenutzter und vergessener Potenziale. Sowohl musikalisch, kulturell, als auch gesellschaftspolitisch.«
Unabhängig vom Motto geht es aber auch in diesem Jahr darum, die jüngste Entwicklung in der hiesigen Klubkultur aufzugreifen. Trends und Bewegungen, die auch andernorts virulent sind, stehen dabei besonders im Fokus. Philipp Demankowski, PR-Verantwortlicher des Festivals führt den inhaltlichen Ansatz weiter in die Tiefe aus: »Der Technoclub ist in den letzten Jahren dem Klischee entwachsen, allein ein hedonistischer Ort zum Vergessen des Alltags zu sein. Als Ort im öffentlichen Raum, der wie jeder andere dem gesellschaftlichen Wandel unterliegt, hat er sich zum (Kultur-)Ort für gesellschaftspolitische Debatten entwickelt, die sich mit der Frage auseinandersetzten, wie wir in Zukunft miteinander leben. DAVE als Festival für Klubkultur will dieser Entwicklung, die die gesellschaftliche Aufbruchstimmung der frühen Technobewegung reaktiviert, mit ›Retrofuture‹ eine breitere Öffentlichkeit geben.«
Dem Festival geht es also nicht darum, der Gegenwart zu entkommen oder eine vergangene Zukunft zu glorifizieren. Vielmehr gilt es, »mit den Potenzialen der Vergangenheit im Rücken die Gegenwart als Zeit permanenten Aufbruchs zu begreifen. Denn sie ist zugleich der Ort, wo das Feld der Zukunft beginnt.«
Und auf diesem Feld geschieht auch in diesem Jahr eine ganze Menge. Das wird schnell klar, wenn man einen Blick ins äußerst prall gefüllte Line-up wirft, das abermals in ganz unterschiedlichen Formaten und an verschiedenen Orten an allen Tagen geboten wird.
Von großem Interesse ist in diesem Zusammenhang natürlich jedes Jahr die Frage, wer denn »Artist in Residence« ist. Die Frage kann 2019 mit Kabuki beantwortet werden. Seit mehr als 20 Jahren bedient der Frankfurter mit seinen musikalischen Produktionen nun schon das gesamte Spektrum der Beat-Wissenschaften, wobei er sich nicht nur durch seine Sounds und Kompositionen ausdrückt, sondern auch die Tools im Software-Bereich vorantreibt. Während des DAVE-Festivals teilt er sein Wissen nun bei mehreren Workshops. Gemeinsam mit Lars Bartkuhn veredelt er außerdem das Opening und spielt eines seiner raren Live-Sets bei der Abschlussparty im Sektor Evolution.
In der Kategorie »Artist in Focus« stehen hingegen die beiden Künstlerinnen Malena Wege und Franssen im Rampenlicht, jene Köpfe hinter dem Dresdner Label Konnektivmusik. Spektakulär wird deren Beitrag sicherlich, wenn sie mit »Modular-Synthese den sakralen Raum in der Martin-Luther-Kirche« erkunden, wie es von den Machern angekündigt wird.
Darüber hinaus ist die restliche Liste des rund 70 Veranstaltungen umfassenden Programms zu lang und zu vielseitig, um wirklich breiter betrachtet zu werden. Es sei nur so viel verraten, dass sowohl bewährte als auch gänzlich neue Konzepte im Repertoire von DAVE 2019 zu finden sind. Große audiovisuelle Konzerte wechseln sich erneut mit Workshops, Diskussionen, multisensorischen Veranstaltungen und natürlich mit Partys ab. Und darüber hinaus gibt es auch künstlerische Installationen wie den POPISTERROR-Tempel oder Kazoosh! mit musicismyradar zu entdecken. Die SAX beteiligt sich erstmals bei DAVE mit dem Konzert von Sven Helbig und Julie Campiche im Obekt klein a am 26. Oktober.
Am besten, man stöbert einfach in Ruhe im Vorfeld des Festivals ausgiebig im Programmheft oder auf der DAVE-Website, um seine Festivaltage halbwegs planen zu können. Ansonsten hilft nur: treiben lassen und selbst entdecken. Stets im permanenten Aufbruch zwischen Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart.
Thomas Natzschka
6. DAVE Festival 18. bis 27. Oktober, alle Termine tagesaktuell hier.
www.dave-festival.de