Defense wins …

Der dritte Sieg en suite: Dynamo schlägt Unterhaching mit Zweizunull

Tja, im Prinzip könnte ich den Text vom Wochenende zum Rostock-Spiel via Copy-Paste hier einfügen – mit den Unterschieden: Mai statt Ehlers, zwei statt drei Tore, kein Gegentreffer. Ende der Geschichte. Aber ganz so einfach machen wir es uns natürlich nicht. Zunächst: Warum macht die Fotodatenbank der Anzeigetafel einen auf Heidi Klum, wenn Paul Will angesagt wird? – Ich habe leider kein Foto für Dich? Ansonsten freut sich der Autor darüber, dass die Foo Fighters während des Warmmachens aus den Boxen dröhnen. Geht es eigentlich nur mir so, dass man bei den Schussproben vor dem Spiel ganz besorgt vergleicht, wie oft die eigene Elf vergeigt und der Gegner trifft?

Die erste Halbzeit: Hartrauch oder Weihmann?

Eigentlich wäre eine Trauerminute angebracht, aber wenn ein ausländischer Fußballer stirbt, sehen die Statuten des DFB das wohl nicht vor. Na ja, es war ja nur Diego Armando Maradona. Einige ziehen aber sicher in aller Stille innerlich den Hut. So am I.

Dann geht es los. Und wie gesagt – es ist so ziemlich wie an der Waterkant. Ein wenig Hauen, ein wenig Stechen. Und ja, wieder unser Klumprasen, der Gottseidank bald ausgetauscht wird. Patrick Weihrauch probiert es mal aus 18 Metern, verfehlt aber den Winkel. Dynamo spielt so bisschen Alles-im-Griff-Haben, leicht aggro vorn dran, mit breiter Brust hinten drin. Dann spielt Kevin Broll einen hässlichen Flachpass auf Yannick Stark, hat dabei wohl auch „please don't let me be misunderstood“ auf den Lippen, Stark andererseits vergisst den Spruch seines Trainers aus der A-Jugend: Dem Ball entgeeeegen geeeehn! Ein Rothemd namends Grauschopf sprintet dazwischen, im Strafraum kommt Anspach frei zum Schuss, aber Broll macht alles wieder gut.

Knapp 20 Minuten vorbei, Freistoß für Schwarz-Gelb. Weihrauch oder Meier? Meier in die Mauer. Ooaaar nee! Warum denn nicht Weihrauch auf Hartmann? Na dann beim nächsten Mal. Das Nächste-Mal kommt in Minute 26. Es sind knapp 30 Meter auf halbrechts, und diesmal steht nur der „Paddi“ bereit. Leicht angelöffelt kommt der Ball Richtung Elferpunkt, Hartmann läuft von der 16er-Linie los und bugsiert das Ding genau links unten rein. Das ist derart mit Ansage, dass man sich fragt, ob in Unterhaching die VHS-Kassette mit dem Rostockspiel verlorengegangen ist. Mir soll es recht sein: 1:0.

Die Oberbayern sind nun erstmal gefrustet. Es wird gelegt, drüber gehalten, gecheckt. Nichts über der „normalen“ Grenze, aber etwas zu viel. Vor allem Daferner muss einstecken, der aber auch keinem Infight aus dem Weg geht. Passschwächen ungeahnter Art gibt es hingegen wiederholt bei Stark und Mai, letzterem scheint die Pause nicht gutgetan zu haben, im Vorwärtsgang patzt er immer wieder. Weihrauch allerdings legt noch eine Schippe drauf, das kleine Tief des Oktobers scheint überwunden, und auch Will ist eifrig am Umgraben des scheidenden Rasens beteiligt. Königsdörffer indes scheint über weite Strecken alleingelassen – mit Schiffsignalflaggen gibt er immer wieder Zeichen, winkt und ruft, aber das Spiel bleibt irgendwie linkslastig.

Zwanzig Minuten nach dem ersten Tor wollen es Hartrauch (oder Weihmann?) nocht einmal wissen. Die Zehn hebt einen als kurze Ecke getarnten Freitoß an den zweiten Pfosten, wo die Sechs flugkopfballt – leider genau auf den Keeper. Hätte er den Fuß genommen, wäre es ein sicheres Tor, meint Hartmann nach dem Spiel. Hat er aber nicht.

Die nächste Parallele zum Koggeversenken ist das 2:0. Dort wie auch hier hat man sich den schönsten Spielzug für die Minuten kurz vor der Pause aufgehoben. Will legt raus auf Meier, der an der Strafraumkante einen vollendeten Doppelpass mit Weihrauch spielt, Meier nach innen, am kurzen Pfosten netzt Hosiner mit dem Außrist gekonnt ein. Die Spielvereinigung nur so: Was guckst Du? Fußball kann so schön sein, selbst an einem Novemberabend bei kurz über 0 Grad und kaltem Arsch auf dem Pressestuhl hochdroben unterm Dach. Direkt danach will Daferner sogar noch das dritte Tor, aber aus der Drehung geht das im Wortsinne daneben.

Die zweite Halbzeit: Zwanzig Minuten suboptimal

Die ersten 20 Minuten des zweiten Durchgangs sind kein Zuckerschlecken und nicht schön anzusehen. Mit einem zweifachen Wechsel zum Wiederanpfiff bekommt Haching mit Hasenhüttel und Moshiga mehr Druck auf den Kessel. Dynamo schlägt nur noch die Bälle hinten raus, fast alle landen wieder direkt bei den Roten. Broll fliegt einen Volleykracher von Stroh-Engel weg, Königsdörffer rettet vor Hasenhüttel, Moshigo verfehlt das Lattenkreuz knapp. Das hätte fix auch schiefgehen könne, aber andererseits zeigt sich auch an diesem Abend die Defensive um Marco Hartmann gut aufgestellt, vielbeinig, aufopferungsvoll und mit fast absoluter Luftraumbeherrschung.

Nach einer Stunde haben die Mannen aus dem Landkreis München ihr Pulver verschossen, Dresden erstreitet sich weitgehend die Kontrolle zurück. Es wäre auch mal wieder Zeit für einen Freistoß. Nach knapp 70 Minuten ist es soweit. Weihrauch wiederholt exakt den Streich aus Minute 38, aber wo ist Hartmann, wenn man ihn braucht? In der Mitte des Strafraums sieht er, wie Mai es am Langen besser machen will als er: Fuß statt Kopf. Jedoch: Es ist kein Mai-Tag. Zwischen Stolpern und Holpern tritt er nur in den Rasen (oder in das, was davon noch übrig ist).

Die Schlussviertelstunde hat – neben den Einwechslungen von Sohm, Kade und Diawusie – nur noch zwei nennenswerte Ereginisse. Erst donnert Daferner in die LED-Band hinter dem Hachinger Tor, wird dort minutenlang behandelt, hat aber wohl außer bisschen Schädel-Aua nichts Ernsthaftes davongetragen. Und dann noch das Fast-3:0 in den Schlusssekunden: Kade nach rechts, Sohm lässt durch und Hosiner verpasst das Tor am langen Pfosten vorbei. Wenn allerdings Sohm mir Vollspeed durchläuft, kann er den Ball noch aus Nahdistanz reindrücken. Könntewürdemöchtehätte. Egal, zu dem Zeitpunkt sind die Punkte längst sicher, denn die Gäste haben die weße Flagge gehisst.

Ein Wort zum Schiedsrichter: Patrick Schwengers war endlich mal ein Beispiel dafür, dass auch noch relative unerfahrene Unparteiische Qualität haben. Der 25-jährige Travemünder pfeift seine zweite Drittliga-Spielzeit und kam dabei bisher sogar ohne jeden roten Karton aus. In einer teilweise robust geführten Partie war er jederzeit Herr der Lage, ohne jede Arroganzien.

Fazit: Paul William "Bear" Bryant, über Jahrzehnte Coach des American-Football-Teams der Universität von Alabama, sagte einmal den inzwischen weltberühmten Satz: „Offense sells tickets. Defense wins championships.“ Nun ist es zur Meisterschaft in der dritten Liga noch ein weiter Weg, aber der zuletzt eingeschlagene Pfad könnte der richtige sein. Nur das mit dem „sells tickets“ bleibt vorerst ein Problem.
Uwe Stuhrberg

SG Dynamo Dresden vs. SpVgg Unterhaching
25. November 2020, Anstoß: 19 Uhr
Tore: 0:1 Hartmann (24.), 0:2 Hosiner (42.)
Dynamo Dresden: Broll, Mai, Hartmann, Knipping, Meier, Stark, Will, Weihrauch (84. Kade), Königsdörffer, Hosiner (90. Diawusie), Daferner (81. Sohm)
Ohne Einsatz: Wiegers, Becker, Stefaniak, Ehlers
Zuschauer: 0
Schiedsrichter: Patrick Schwengers
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