Wem die Kleinstadt zu eng wird

Wayne Graham am 19. November mit »Bastion« im Ostpol

Ihrem achten Studioalbum vorausgegangen war ein Wechsel des Schallplattenlabels, von K&F Records in Dresden zu Hickman Holler in Nashville, Tennessee. Sicherlich wohl überlegt war der Schritt und so ganz aus der Luft gegriffen auch nicht. Es stärkt die Verbindung zu den Wurzeln und bringt ein Album hervor, das in Teilstrecken kaum weiter davon entfernt sein könnte. Gründer der neuen Tonträgerheimat ist Tyler Childers, der sich ohne Einschränkung der Country Music zurechnen lässt – mit Schwerpunkt auf Bluegrass und einem gleichermaßen modernen Ansatz, dem sich Wayne Graham umgehend anschließen. »We Could've Been Friends«, das Eröffnungsstück zu »Bastion«, sei der Versuch gewesen, etwas im Stil der amerikanischen Elektronikrocker und Studiotüftler LCD Soundsystem hinzubekommen, lässt Hayden Miles in der Presseinfo des Schallplattenlabels mitteilen. Damit der Schnittmengen noch nicht genug. Länger schon unterstützt das Brüdergespann hinter Wayne Graham aus Hayden und Kenny Miles Tyler Childers gelegentlich im Studio und bei Liveauftritten. Auch sie stammen aus kleinstädtischen Verhältnissen in Kentucky, auch sie sympathisieren mit der Bergarbeiterschaft der Region, auch sie stellen sich offen gegen Rassismus und Ausgrenzung von Minderheiten.

Auf »Bastion« werden Wayne Graham ziemlich deutlich in »Shoot Me«, beruhend auf einem Jazzgospel von Mary Lou Williams und verfasst von Hayden Miles nach einer hitzigen Debatte mit dem Vater und dessen Schwestern wegen »all these stories in the news about black teenagers knocking on the wrong door and getting shot«. Wem die Kleinstadt zu eng wird, weil sich das Leben dort mehr oder weniger beschränkt auf »Livin’ hard and shootin’ guns, ridin’ side-by-sides in the mud/Gettin’ drunk for fun and there’s church in the morning«, wie es im finalen »Swingin' 'Round« heißt, der sucht sich Verbündete oder geht weg. Wohin? Was das angeht, hätten Wayne Graham mindestens eine Option. Nach wie vor bestehen engste Kreativkontakte nach Dresden. Sämtliche Arrangements auf »Bastion« besorgte Ludwig Bauer von ehemals Polarkreis 18, Woods Of Birnam beziehungsweise Tinted House. Seine Blechbläser im Jazzinstrumental »Patsy«, seine Klarinette in »I Had Plans«, sein Moog Synthesizer in »A Silent Prayer«, der frei improvisierte Ausklang von »Enemy's Camp« rücken das Album in die Nähe der Kammersongqualitäten eines Harry Nilsson oder Randy Newman. Wie das wohl auf die Konzertbühne gebracht wird? Wir sind gespannt!
Bernd Gürtler

Wayne Graham 19. November, 21 Uhr, Ostpol, waynegraham.co