In der musikalischen Heimat

Lambert kommt solo am 6. Mai zu C. Bechstein nach Seifhennersdorf

Musiker, die eine Maske tragen, sind schon lange keine Seltenheit mehr. Ob mit Smiley-Gesicht (DJ Smiley Mike), Horrorfratzen (Slipknot), Panda-Nase (Cro) oder Motorradhelmen (Daft Punk): Wer auffallen will, der lässt sich was einfallen. Auch der Pianist Lambert versteckt seine Gesichtszüge gerne vor der Öffentlichkeit. Auf der Bühne trägt der Filigrantechniker stets eine stierähnliche Maske.

Lambert lässt sich nicht gern in die Karten schauen. Der in Norddeutschland geborene und mittlerweile in Berlin lebende Neo-Klassik-Pianist kocht lieber ein eigenes Süppchen. Und das beinhaltet viele geheimnisvolle Zutaten. Offizielle Biografie-Daten? Fehlanzeige. Lambert teilt nur wenige Infos über sich mit. Er wächst in den Achtzigern mit Rock- und Popmusik auf. Doch da ist noch etwas anderes, das den jungen Lambert fasziniert: »Ich fand das Klavier schon immer anziehend. Ich spielte zwar irgendwann regelmäßig Schlagzeug in Garagen-Bands. Aber eigentlich konnte ich mich immer nur mit dem Klavier richtig ausdrücken.«

Die Folge: Lambert hängt das Schlagzeug an den Nagel und fokussiert sich aufs Klavier. Mit reiner Klassik kann er aber nicht viel anfangen. Und so beginnt der Pianist nach einigen Semestern Jazz-Piano mit der Neuvertonung gegenwärtiger Pop- und Rocksongs. Einige dieser Klangexperimente landen im Internet und machen diverse Branchenkollegen hellhörig. Darunter Bands wie Tocotronic, Boy und Ja, Panik. Es entstehen Kontakte. Und plötzlich sind Lamberts sogenannte Re-Works in aller Munde.

Im Jahr 2014 klopft das Label Staatsakt an die Pforten. Ein Album soll her. Noch im selben Jahr erscheint das Debüt »Lambert«. Darauf enthalten sind auch jede Menge Eigenkompositionen. Nun stehen erste größere Konzerte an. Doch Lamberts Gefühl für sich, sein Äußeres und seine Musik sind nicht im Einklang. So kommt es, dass er auf der Bühne stets eine Maske trägt. Viele denken dabei an den Kopf einer Antilope. Doch die Maske zeigt ein anderes Tier: »Ich weiß auch nicht, wie die Leute darauf kommen. Es ist keine Antilopenmaske. Das Ding stammt aus Sardinien. Die tragen da solche Masken zur Karnevalszeit. Da steckt eher ein Stier dahinter. Aber das ist eigentlich auch nicht so wichtig. Wichtig ist nur, dass sie ins Gesamtkonzept passt.« Mit der Maske vor dem Gesicht fühlt sich Lambert wohl: »Ich bin nicht der extrovertierte Performer, der sich ohne Probleme auf eine Bühne stellen kann. Ich brauche meinen Freiraum. Und den verschafft mir die Maske.«

Nur ein Jahr später legt der geheimnisvolle Pianist mit dem zweiten Album »Stay In The Dark« nach. Abermals ist die Szene entzückt. Die Musik, die im Grenzbereich zwischen Pop, Jazz, Klassik und Score pendelt, werde sich in der Zukunft sicherlich noch verändern, so der Verantwortliche. Aber was wird dann aus der Maske? »Ich habe mir bereits einige Alternativmodelle besorgt. Die werden auch teilweise schon von meinen Mitmusikern getragen. Ich bin da also nicht auf ewig festgefahren. Es muss halt passen. Und im Moment passt die Maske, die ich gerade trage, am besten zur Musik.«

So geht nicht nur die Maskerade weiter. Auch Lamberts Karriere macht 2017 einen deutlichen Schritt nach vorn. Er ergattert einen Majordeal bei der Universal Music Group, und mit den entsprechenden Produktionsmöglichkeiten ausgestattet erweitert er seine Musik um etliche Begleitinstrumente. Das Ergebnis heißt »Sweet Apocalypse« und erweist sich als sein bis dato ausgefeiltetes Werk.

Nun, mit seinem mittlerweile achten Album »All This Time« ist Lamberts musikalische Maske abgenommen – die Improvisation unverschämt, die frei laufenden Melodien sind entfesselt. Zusammen mit dem Bassisten Felix Weigt und dem Schlagzeuger Luca Marini mischt das Trio Jazz, moderne Klassik und elektronische Elemente und findet einen zeitgenössischen Sound, der an Bands wie EST, Gogo Penguin und Portico Quartet erinnert. Während sein zart bluesiges Klavier durch »Cry Me A River« rollt und in seine rauchige Stimmung eintaucht, spielt Lambert im virtuellen Jazzclub seiner Träume. Im Zuge des Lockdowns und der Entbehrungen während dieser Zeit erkannte Lambert die Chance, die ihn sich letztendlich wieder auf seine musikalische Heimat rückbesinnen ließ. »Wenn ich nicht weiß, was ich spielen soll, greife ich immer zum Jazz«, meint Lambert.

In die VielHarmonie, dem Kulturhaus der in Seifhennerdorf ansässigen C. Bechstein Pianomanufaktur, kommt der Musiker mit einem Solokonzert, gespielt auf einem – natürlich – fabrikneuen Flügel.

Lambert 6. Mai, 20 Uhr, VielHarmonie Seifhennersorf, Karten bei SaxTicket und www.reservix.de