Es lebe der König ohne Land

Afrob mit seinem aktuellen Album am 19. Januar in der Tante Ju

Afrob kennt man schon seit den frühesten Stunden des deutschen Hip Hop als Robert Zemichiel, so sein bürgerlicher Name, als elementarer Bestandteil des Stuttgarter Hip Hop-Kollektivs Kolchose neben Freundeskreis, Massive Töne, DJ Friction, Skills en Masse sowie zahllosen Graffiti-Künstlern deutlich in Erscheinung trat. Stets mit emotionalen, kritischen, klaren, aber auch humorvollen Texten, denen es nie an Soul und Flow in der Darbietung mangelte. Aus jener Zeit entwuchs auch Afrobs Solo-Karriere, die nun bereits mehr als 25 Jahren andauert und mit dem Album »König ohne Land« ein neues Kapitel vorlegt.

Und mehr denn je steht hier einer auf der Bühne, der Hip Hop lebt, prägte und prägt und immer wieder voranbringt. Sei es in unzähligen Features über all die vergangenen Jahrzehnte (man denke nur als an den Song »Reimemonster« mit Ferris MC oder die Kollaborationen und Alben mit Samy Deluxe (a.k.a. ASD), Gentlemen oder Joy Denalane) oder eben solo auf den eigenen Longplayern: Stets ist Afrob so authentisch wie man es nur sein kein. Er ist soulig, dreckig, innovativ, meinungsstark und tolerant, engagiert und relaxt, ernst und komisch, zurückgelehnt und aktiv. Und all das immer zu seiner Zeit. Und genau jene Balance zeichnet auch sein aktuelles und mittlerweile achtes Solo-Album »König ohne Land« aus, das zwar bereits im Juni des vergangenen Jahres erschien, zu dem aber nun die Tournee stattfindet, die im Falle des Termins in Dresden erst verschoben und nun nachgeholt wird.

Und was bietet »König ohne Land«? Harte Beats und reduzierte Tracks, dann wieder geschwungene Synthie-Sounds und den Chorgesang von Alex Prince. Darüber donnern wie gewohnt Afrobs Rap-Parts, mal mit klassische Features mit bekannten Kollegen wie Samy Deluxe oder dem Newcomer Isaiah und Kolleginnen wie Die P oder She Raw, mal solo am Mikrophon. Inhaltlich ist die Platte ein Statement zum Zustand der Welt und zu den Abgründen im Musikgeschäft wie auch ein Blick ins Innere von Afrob. Kurzum: »König ohne Land« ist so vielfältig wie Afrob und wie Hip Hop selbst.

Alles Gründe, um diese Tour zu etwas ganz besonderem zu machen und überdies ein staatliches viertel Jahrhundert Bühnenpräsenz und Hip Hop-Geschichte abzufeiern. Am besten mit Wodka mit Orangensaft. Eiskalt, damit im Glas auch noch der Würfel kracht, wie es einst von Afrob im Song »Geschichten aus der Nachbarschaft« auf seinem Debüt-Album »Rolle mit Hip Hop« aus dem Jahr 1999 hieß. In diesem Sinne: es lebe der König ohne Land.
Thomas Natzschka

Afrob 19. Januar, 20 Uhr, Tante Ju, www.afrob.com