Neustart

»Das ›Sidedoor‹ macht zu!« Als dieser Satz durch die Neustadt geraunt wurde, glich die Aussage schon einem mittelschweren Ausschlag auf der gastronomischen Erdbeben-Skala der Dresdner Neustadt. Das »Sidedoor«? Nach all der Zeit, all den Partys, all den durchzechten und durchtanzten Nächten und nach all den tiefschürfenden Gesprächen am Tresen sollte nun Schluss sein?! Der Hieb saß! 18 Jahre lang hatte die Bar, welche man nur durch den Seiteneingang im Hausflur betreten konnte, allen, die es wollten oder brauchten, die passende Bühne geboten. Aber 2020 war Schluss mit lustig: Das Haus war verkauft und der Mietvertrag nicht verlängert worden – das »Sidedoor« schloss fast gleichzeitig mit dem ersten Lockdown.
Natürlich waren auch schon zu Lebzeiten der legendären Bar auf der Böhmischen Straße die Betreiber Frank Grahl und Dirk Vogel nicht nur mit Cocktails & Co. beschäftigt. Im angrenzenden Hecht-Viertel eröffneten sie mit dem »Sankt Pauli« ein Restaurant, welches schnell eine feste Fan- und Zielgruppe fand und sich bis heute erhalten hat. Aber das »Sidedoor« war das »Sidedoor« – keine Frage.

Als nun neue Räumlichkeiten ins Spiel kamen und das Gerücht der Neueröffnung durch den Stadtteil waberte, witterten viele schon die Wiederkehr der alten Zeiten. Aber es kam anders: Im ehemaligen »Villandry«, welches in den letzten Jahren einen recht wechselnden Betreiberreigen überstehen musste, zogen Grahl und Vogel einen weiteren schicken Speisen-Tempel auf, der sich sehen lassen kann. Sogar der Name »Villandry« blieb.

Ähnlich wie im »Sankt Pauli« darf man auch im neuen »Villandry« ausgefallene und wohlschmeckende Gerichte erwarten, bei deren bloßem Anblick das Wasser im Mund hemmungslos zu fließen beginnt. Fein zusammengestellte und saisonal angepasste Vorspeisen wie zarter im Brickteig gebackener Ziegenkäse oder ein wunderbares – mit roten Rüben und Ricotta verzaubertes – geröstetes Weißbrot eröffnen den Reigen fantasievoller Kulinarik. Nach diesem Start warten eine Handvoll Hauptgerichte auf den Gast: beispielsweise auf schwarzem Risotto gereichter gebratener Pulpo oder zartes Rotbarschfilet mit roten Linsen und Zitronenconfit. Das klingt schon ungemein wohlschmeckend, und beim Kosten wird der erste Eindruck dann auch mehr als bestätigt.

So lässt sich ein Sommerabend aushalten! Das Schöne am Restaurant ist dabei nicht nur das gute Essen, sondern auch das Ambiente. Denn einerseits lässt es sich im optisch angenehm umgestalteten Gastraum herrlich schlemmen, andererseits lädt der angrenzende Garten zum Speisen unter einem rankenden grünen Blätterdach.

Zugegeben, einige ehemalige Gäste des leider geschlossenen »Sidedoor« wünschen und wünschten sich ihre Bar des Vertrauens zurück. Denn neben aller nostalgischen Gefühligkeit bekam man am Tresen oder in den diversen Sitzmöglichkeiten des Etablissements großartige Mixgetränke nebst Plausch oder Schweigen nach Wunsch kredenzt. Aber die Zeiten und Geschmäcker ändern sich. So sind die reinen Cocktail-Rausch-Zeiten nun denen von feinen Speisen mit korrespondierenden Getränken gewichen.

Und das eine muss das andere ja nicht ausschließen. Dies wird jedem klar, der einen Blick auf die interessante Getränkeauswahl des neuen »Villandry« wirft. Natürlich überwiegt, wie in Speiserestaurants üblich, der Wein-Anteil. Jedoch sind diese Weiß-, Rot-, Orange- und Roséweine wohl gewählt. Einige Schmankerln sind darüberhinaus noch nach interessanten Kriterien geordnet. So stehen unter anderem »Schaumige Schätze« sowie »Weine, ohne die diese Weinwelt nicht sein darf« oder »Weine, die in dieser Welt Kult sind« in der Karte. Zudem sind die naturbelassenen Weine mit ihrer leicht prickelnden Geschmacksvielfalt eine unbedingte Versuchung wert.

Wer Mehr- und Hochprozentigeres mag, ist am Tresen des Villandry und bei den Mixkünsten der Betreiber gut aufgehoben. So schließt sich also der Kreis. Fazit: Neustart für Restaurant wie auch Sidedoor-Crew absolut geglückt.
F. Lodhäst

Villandry Jordanstraße 8, 01099 Dresden, Telefon 30972877, Mittwoch bis Sonnabend 18 bis 1 Uhr
www.villandry-dresden.de