Undine
Ein modernes Märchen vin Christian Petzold
»Du weißt, wenn du mich verlässt, muss ich dich töten«, das ist mehr als eine Drohung, denn die Frau mit den wilden Locken, die das zu ihrem treulosen Lover sagt, ist Undine, ein Fabelwesen in Menschengestalt. Die Stadthistorikerin in Berlin erzählt Touristen von der alten und der neuen Hauptstadt, verknüpft Vergangenes und Gegenwärtiges. Sie möchte so gerne ein irdisches Leben führen, aber der Fluch, bei Liebesverrat töten zu müssen und ins Wasser zurückzukehren, lastet auf ihr. Als sie den Industrietaucher Chris-toph im Café trifft, bringt die Kraft der Gefühle sogar das Aquarium zum Krachen. Eine Liebe, die selbst in einem modernen Märchen nicht gut enden kann, dennoch eine Liebe, die bleibt und den Tod überwindet.
Unterwasser-Kameramann Sascha Mieke liefert atemberaubende Bilder aus dem Reich der Tiefe, wenn Undine den Mann ihres Lebens bei Tauchgängen begleitet. Nur die aufflammenden Taschenlampen in der Dunkelheit sorgen zwischen Farnen und Industrieschrott für mythische Lichtinseln. Poesie pur. Und wenn Undine regungslos im Wasser treibt, weckt Christoph sie mit einem Kuss.
Christian Petzold verzichtet größtenteils auf Computeranimationen, der Zauber liegt im physisch Greifbaren. Dass der funktioniert, liegt an der magischen Symbiose zwischen Paula Beer und Franz Rogowski, die schon in Petzolds »Transit« gemeinsam vor der Kamera standen und hier richtig romantisch sein dürfen und zu den Besten ihrer Zunft gehören. »Undine« ist nicht Petzolds Superhit im Vergleich mit »Phoenix« oder »Barbara«, aber immer noch Galaxien über dem Durchschnitt deutscher Spielfilme. Selten hat man zwei deutschen Darstellern in ihrem intensiven Spiel so gern zugesehen. Und wenn Christoph keinen Sex will, sondern nur zuhören und ein Monolog sich zum Sirenengesang wandelt, das hat schon was Besonderes.
Margret Köhler
Undine Deutschland, Frankreich 2020, Regie: Christian Petzold
Mit Paula Beer, Franz Rogowski, Maryam Zaree
Im Programmkino Ost und in der Schauburg