In der Nacht des 12.

Ein unvorstellbarer und brutaler Mord. Die 21-jährige Clara wird mit Benzin übergossen und angezündet. In der Nacht des 12. Oktober verbrennt sie bei lebendigem Leib. Wer tut so etwas Schreckliches? Die Polizei lädt Freundinnen, Freunde und Ex-Liebhaber vor, die Suche nach dem Täter bleibt erfolglos. Die Ermittler Yohan und sein Kollege Marceau verfolgen in dem kleinen Ort in den französischen Alpen jede noch so winzige Spur. Irgendwann wandert der Fall zu den Akten.

Weit entfernt von den üblichen Regeln des Genres serviert Dominik Moll einen psychologisch packenden und meisterhaften Krimi, an dessen Ende nicht die voraussehbare Entlarvung des Verbrechers steht, sondern Ratlosigkeit, Frust, Wut, Verzweiflung. Die Geschichte lässt Yohan nicht mehr los, sorgt die Wiederaufnahme drei Jahre später für Aufklärung? Der Film mit seinen kleinen und großen Dramen taucht tief ein in die Befindlichkeiten der Menschen. Die Polizisten, die sich über bürokratischen Kleinkram und unbezahlte Überstunden ärgern, die Verdächtigen, »Sex Friends« und Komplizen einer Gewaltkultur ohne Respekt gegenüber der Toten, die Eltern, die den Verlust der Tochter nicht verwinden können. Den roten Faden bildet die Beziehung zwischen den Geschlechtern, die nicht nur physische, sondern auch verbale männliche Gewalt gegenüber Frauen. Hinterfragt werden unausrottbare toxische Männlichkeit und Codes einer Männerwelt, in der »Männer Verbrechen begehen und Männer versuchen, die Verbrechen zu lösen«.

Bastien Bouillon und Bouli Lanners verkörpern kongenial zwei Polizistentypen: den Einzelgänger, der sich ganz seinem Beruf verschreibt und den großherzigen Hitzkopf, dem bei Verhören schon mal die Hand ausrutscht. Mit diesem eigenwilligen Bravourstück fängt das Filmjahr 2023 super an.
Margret Köhler

In der Nacht des 12. Schweiz 2021, Regie: Michael Koch
Mit Bastien Bouillon, Bouli Lanners, Pauline Serieys, Théo Cholbi, Johann Dionnet, Thibaut Evrard
Zentralkino, Schauburg, Programmkino Ost