Führer und Verführer

Der Horror einer Epoche mit Robert Stadtlober als Joseph Goebbels

»Was wahr ist, bestimme ich«, so lapidar lautet Joseph Goebbels Maxime. Adolf Hitlers Propagandaminister ist ein grandioser Strippenzieher, der seinem Führer folgt, auch wenn er 1938 mit dessen Kriegsplänen nicht einverstanden ist. Aber dann knickt er ein. Damit seine Affäre mit einer Schauspielerin nicht öffentlich bekannt wird, trennt er sich und widmet sich der Kriegspropaganda. Schließlich gilt er mit Frau und sechs Kindern als Vorzeigefamilie des Dritten Reichs, bis sie gemeinsam am 1. Mail 1945 Suizid begehen nach dem Mord an ihren Kindern.

In Joachim A. Langs Sicht auf den inneren Machtzirkel stehen Hitler und sein Chefmanipulator im Mittelpunkt, er bezieht sich auf Tagebucheintragungen, übernimmt die Perspektive der Täter. Das ist gewagt und gelingt, auch wenn sich daran Kritik entzündet. Es geht um perfide Methoden der Indoktrination. Bestes Beispiel die minutiöse Vorbereitung der legendären »Sportpalastrede« von 1943, als der Untergang des Systems nur noch eine Frage der Zeit war und dennoch das Volk plötzlich begeistert nach dem »totalen Krieg« rief.

Robert Stadtlober war noch nie so gut wie in der Verkörperung dieser infernalischen Figur, Franziska Weisz als Mutter und seine Ehefrau, Fritz Karl als Hitler trumpfen ebenfalls auf. Mit Originalbildmaterial, darunter Massenhinrichtungen von Juden, unterstreicht der Spielfilm den Horror dieser Epoche, zeigt die perfiden NS- Mechanismen, die den Aufstieg des nationalsozialistischen Regimes begleiteten. Selbstinszenierung und Verbreitung von Fake News sind heute einfacher als damals. Man mag sich nicht vorstellen, was ein Goebbels mit Internet und Social Media anrichten würde. Doch dafür sind es andere, die auf diesem Instrumentarium spielen und fatalen Einfluss ausüben. Deshalb sollten wir an Primo Levis Worte denken »Es ist geschehen – und folglich kann es wieder geschehen«.
Margret Köhler

Führer und Verführer Deutschland/Slowakei 2023, Regie: Joachim A. Lang, mit Robert Stadlober, Fritz Karl, Franziska Weisz, Sascha Goepel, Raphaela Möst
ab 11.7. Programmkino Ost, Schauburg
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