Das Ende ist erst der Anfang
Revolverhelden auf der Suche nach einem Smartphone
Willkommen im Land der endlosen Weiten, gottverlassenen Kleinstädte und Kopfgeldjäger. Klingt nach Amerika und einem weiteren Tarantino-Western. Um irgendwelche falschen Hoffnungen gleich am Anfang zu zerschlagen: „Das Ende ist der Anfang“ spielt in Belgien, und ja, auch da kann man famose landschaftliche Panoramashots aufnehmen sowie moderne Cowboys antreffen – wie Regisseur und Schauspieler Bouli Lanners mit seinem Weltuntergangswestern beweist.
Trostlose Landschaft und schwere Wolken, die am grauen Himmelszelt schleppend umherziehen. Gilou (Bouli Lanners) und Cochise (Albert Dupontel), zwei alternde Headhunter, die etwas zu sehr an Charaktere aus „Sons of Anarchy“ erinnern, sitzen in einem abgeranzten Rockabilly-Diner irgendwo in einer verschlafenen Kleinstadt in Belgien und streiten darüber, wer nun der Ältere von ihnen ist. Dann klingelt das Telefon von Cochise und der Plot für den Film ist geschaffen: ein neuer Auftrag.
Gilou und Cochise sollen ein verlorenes Handy mit sensiblen Informationen orten und ihrem Auftraggeber aushändigen. Kurzerhand sitzen beide samt Gilous Hund in ihrem Pickup und machen sich samt Ortungsgerät auf die Suche nach der Nadel im Heuhaufen – oder besser gesagt: nach einem einzigen Handy irgendwo im Nirgendwo.
Schnitt. Das Szenario wechselt. Die Landschaft bleibt trostlos dank des Color-washout-Filters, durch den der FIlm fast schon wie ein Schwarzweiß-Movie wirkt. Willy (David Murgia) und seine Frau Ester (Aurore Broutin) ziehen Hotelzimmer plündernd durchs Land. Überzeugt davon, dass das Ende der Welt bevorsteht, begeben sich beide auf die Suche nach Esters einst zur Adoption freigegeben Tochter und treffen dabei auf einer stillgelegten Einschienbahnstrecke den Obdachlosen Jesus (Philippe Rebbot), der mit weisen Sprüchen und seiner skurrilen ruhigen Art wie ein Verschnitt seines berühmt-berüchtigten Namensvetters wirkt. Alles, was dann folgt, ist eine windige Schnitzeljagd mit lakonischen Dialogen, metaphysischen Metaphern, sehr viel Endzeitstimmung und absurden, aber hochinteressanten Figuren. Manchmal verirrt sich sogar etwas schwarzer Humor in die schicksalhafte Dramaturgie.
Mit „Das Ende ist erst der Anfang“ kann Lanners zwar Tarantino nicht das Wasser reichen und mit Sicherheit war das auch nicht das Ziel des Filmes, der auf seine Art und Weise nicht nur einzigartig, sondern auch zu tiefst beeindruckend ist. Die am Anfang etwas schwächeren Szenen steigern sich stetig und am Ende fügt sich alles irgendwie zu einem bemerkenswerten Gesamtkunstwerk zusammen, das auf jeden Fall im Kopf bleibt.
Felicitas Galinat
Das Ende ist erst der Anfang Belgien/Frankreich 2015; Regie: Bouli Lanners
Mit Albert Dupontel, Bouli Lanners, David Murgia, Aurore Broutin und Philippe Rebbot
Zu sehen im Kinio in der Fabrik und am 15. Mai im Programmkino Ost (OmU)
www.dasendeisterstderanfang-derfilm.de