Beforeigners
Eine mal ganz andere Zeitreisegeschichte als Serie
Welch wunderbare Wortschöpfung! Eigentlich ist sie fast noch treffender als das norwegische Original »Fremvandrerne«, was so viel bedeutet wie »Vorwärts-Wanderer«. Im Mittelpunkt der ersten norwegischen HBO-Serie steht nämlich ein ganz besonderes Migrationsgeschehen. Im heutigen Oslo tauchen plötzlich im Wasser des Hafenbeckens Menschen aus drei längst vergangenen Epochen auf: aus der Stein- und der Wikingerzeit sowie aus dem 19. Jahrhundert. Jahre später sind die Neuankömmlinge Teil der Gesellschaft, einige mehr, andere weniger integriert. Als die Wasserleiche einer Frau mit archaisch anmutenden Tätowierungen auftaucht, deutet alles auf ein Hassverbrechen an einer Zeitmigrantin hin. Der Fall landet auf dem Tisch von Lars Haaland (Nicolai Cleve Broch) und Alfhildr Enginnsdottir (Krista Kosonen), der ersten Osloer Polizeibeamtin mit multitemporalem Hintergrund. Die hat bei manchen Kolleg:innen keinen leichten Stand, weiß sich aber zu wehren, schließlich war sie in ihrem früheren Leben eine »Schildmaid«, sprich eine Kriegerin.
Die Nebenschauplätze der Ermittlungen mit ihren historischen und popkulturellen Anspielungen sowie demonstrativen Verweisen auf die Migrationsthematik oder die Mühen um eine politisch korrekte Sprache in der realen Gegenwart machen den Charme und die Originalität der Serie aus. So muss sich das Kriminalistenduo etwa mit Transtemporalen (Neuzeitmenschen, die wie früher leben wollen) oder den technologiefeindlichen Neoludditen herumschlagen, lebt Alfhildrs einstiger Kriegsherr Tore inzwischen als braver Familienvater und Pizzabote, steht aber als Mörder von Olaf dem Heiligen in den Geschichtsbüchern. Gegen Ende gibt es dann noch einen Twist, der das Ganze buchstäblich auf den Kopf stellt. Fazit: eine Zeitreisegeschichte der skandinavisch intelligenten und unterhaltsamen Art.
Angela Stuhrberg
Beforeigners Norwegen seit 2019, Creators: Anne Bjørnstad, Eilif Skodvin, Regie: Jens Lien
Eine Staffel, bis 12. April in der ARD Mediathek