Poetisch-funkelnde Stille und arkadische Gelassenheit
Der Maler Johannes Kühl: Hommage zum 100. Geburtstag
Aus Anlass des 100. Geburtstages des Galeristen und Malers Johannes Kühl am 28. Juni diesen Jahres präsentiert die Kunstausstellung Kühl 44 Arbeiten aus dem Bestand der Galerie sowie einige Leihgaben, darunter Ölbilder und Handzeichungen in den Genres Stillleben, Porträt, Interieur und Landschaft. Daneben wird im Schauraum eine Auswahl von Arbeiten bedeutender Künstler gezeigt, die Johannes Kühl sammelte, vertrat und ausstellte. Im ersten Teil der Hommage sind Arbeiten aus der Zeit bis 1945 zu sehen, darunter studentische Werke, präzise Zeichnungen der Dresdner Vor-und Nachkriegssituation, spätimpressionistische Eindrücke und freie Aquarelle. Der zweite Teil wird neben weiteren realistischen Darstellungen expressiv-abstrakten Werken von 1945 bis 1963 vorbehalten sein und noch in diesem Jahr (ab 21. Juli) gezeigt.
Gegenstand von Johannes Kühls Kunst sind vor allem Motive des Dresdner Umfeldes, der Heidelandschaft, der Elbwiesen, historischer Bauten wie dem Zwinger, aber auch diverse Parkansichten bis hin zur Darstellung von Verwandten und Freunden im Porträt und Interieur. Die Elbaue mit ihrem silbrig-hellen Lichtglanz steht dabei im Mittelpunkt seiner Landschaften (wie der Blick vom Johannstädter Elbufer auf die Fähre), aber auch die Teichlandschaft um Moritzburg, wo viele Dresdner Maler in dieser Zeit ihr Refugium fanden. Kühls Lieblingsbaum war die Birke, deren Leichtigkeit des Lichtspiels und malerische Anmut ihn verzauberten (»Schneeschmelze«, vor 1945). Es ist immer eine besondere Stimmung, die in jedem Bild herrscht, einem lockeren Impressionismus folgend in »Lichtfarben« und Spiegelungen poetisch-funkelnder Stille und arkadischer Gelassenheit. Neben dem Auflösen der Farben in einem anregenden Farbenspiel herrschen dennoch große Ernsthaftigkeit und künstlerische Umsicht. Züge der Romantik trägt der »Englische Pavillon im Schlossgarten Pillnitz-Dresden« (1942).
Im Jahr 1938 besuchte der junge Kühl die Kunstschule Richter in Dresden, danach bis 1943 die Akademie der Bildenden Künste Dresden und war Meisterschüler von Prof. Rudolf Schramm-Zittau, einem spätimpressionistischen Tier-und Landschaftsmaler und Schüler von Gotthardt Kuehl, mit dem Johnannes Kühl aber nicht verwandt war. Wichtige Werke mit regionalem Bezug sind die Licht erfüllte »Blasewitzer Villa im Frühling« (1943) sowie »Teichmorgen (Moritzburg)« (1945), scheinbar fern von den Schrecken des Krieges, den er als Soldat von 1943-1945 in Dänemark, Holland und Frankreich erlebte und durchlitt. Als blutjunger Künstler hatte er 16jährig ein Pastell mit seinem Selbstbildnis geschaffen, das Kühl als festen, geraden und positiv gestimmten Menschen zeigt. Erschütternd dagegen wirkt ein späteres Selbstbildnis des Kriegsheimkehrers mit eingefallenen Wangen und müden Augen, das zwischen 1946 und 1949 entstand. Im Balkonzimmer der Galerie hat Sophia Schmidt-Kühl zwei Porträts in die diagonale Sichtachse platziert: Das Bildnis der »Mutter des Künstlers« (vor 1945) und ein lebendiges und entspanntes »Selbstporträt mit rotem Kissen« (1930er Jahre) mit geöffnetem Mund, was für sich genommen eine Besonderheit darstellte und die hohe Qualität der figürlichen Malerei von Johannes Kühl belegt.
Neben der Exaktheit seiner klassischen Bleistiftstudien (in der Ausstellung befinden sich ein Rotstift-Bildnis des Bruders Christoph von 1945 und zahlreiche Landschaftsprospekte) steht seine Malerei in der Dresdner Tradition und Farbigkeit. 1962 übernahm er das Unternehmen von seinem Vater Heinrich, der die nun inzwischen älteste Privatgalerie im Osten Deutschlands 1924 gegründet hatte. Aus diesem Grund gab Johannes Kühl 1964 seine Karriere als Maler und Grafiker auf und widmete sich ganz der Förderung seiner Künstlerkollegen. Seitdem zeigte er eigene Arbeiten nicht mehr. Anlässlich seines 70. Geburtstages gab es eine würdige Präsentation im Kupferstichkabinett. Johannes Kühls große Empathie und Sensibilität für die Kunst seiner Zeit und das Gespür für deren Rang, Wert und Qualität drücken sich auch in den im Schauraum präsentierten Arbeiten der von ihm vertretenen Künstlerfreunde und Kollegen aus, von Elisabeth Ahnert über Otto Dix bis Willy Wolff.
Heinz Weißflog
Der Maler Johannes Kühl. Hommage zum 100. Geburtstag, Teil I bis 1945, Kunstausstellung Kühl, bis 16. Juli
www.kunstausstellung-kuehl.de